Bob Reynolds Group im Sudhaus Tübingen 2022

Bob Reynolds – sax
Ruslan Sirota – keys
Janek Gwizdala – bass
Gene Coye – drums  

Tübingen, 11.10.2022

Bob Reynolds: Saxophonist. Composer. Melody Architect!

Der amerikanische Musiker Bob Reynolds ist ein interessanter und vielseitiger Typ, der sich auf seiner Internet-Seite so beschreibt:
1. Saxophonist. Composer. Melody Architect
2. Member of Snarky Puppy
3. Online Music Tutor
4. Blogger with a Vlog

Zuallererst versteht er sich als Saxophonist und Komponist und – was besonders schön gewählt ist – als Melodien Architekt – letzteres stimmt genau! Wunderbare Melodien fließen aus seiner Feder und seinem Tenor-Saxophon! Bekannt wurde er vor allem mit dem Musiker-Kollektiv Snarky Puppy, mit dem er 2017 einen Grammy gewann; er betreibt auch erfolgreich eine webbasierte Lehrplattform für Saxophonisten. Außerdem ist Bob ein beliebter YouTuber, der regelmäßig einen Vlog postet, das ist ein Video-Blog – eben ein Vlog: sehr offen, informativ und witzig berichtet er aus dem Musikeralltag. Unbedingt sehenswert!

Bob Reynolds startete seine Karriere an der University of North Florida in Jacksonville, seinem Heimatort. Sein Musiklehrer dort sagte ihm bald: “You have to go somewhere else. I don’t care if it’s Berklee or whatever, but don’t stay here.” Also ging er ans berühmte Bostoner Berklee College of Music, wo er 5 Jahre studierte und einen Kommilitonen kennenlernte, den Rockgitarristen John Mayer, der ihn bald in seine Band holte, mit der Bob einige Jahre tourte.

Sein melodischer Jazz ist super-entspannt

Diese Begegnung mit Rock und Pop beeinflusste ihn stark. ”I always loved and admired Bradford Marsalis’s work with Sting… I was always drawn to that kind of sophisticated saxophone playing in pop settings.” Dies merkt man den Kompositionen von Bob Reynolds durchaus an. Seine Songs sind pop-beeinflusst, eingängig und trotzdem raffiniert. Sein melodischer Jazz ist super-entspannt, manchmal fast schon easy-listening-mäßig. Aber, wie die LA Times es ausdrückte, seine Songs haben auch „hip-swiveling grooves“, Grooves also, die die Hüften zum Schwingen bringen.
In der ersten Hälfte des Konzerts im neuen Sudhaus Saal spielt die Band vorwiegend neue Songs, die noch nicht so recht zünden, doch allmählich gewinnen die Musiker mit ihrer lockeren, amerikanischen Art die Sympathien der Zuhörer. Das Quartett harmoniert bestens, nur einmal hatte man den Eindruck, dass der Bassist Janek Gwizdala seinen Einsatz überzieht und Bob Reynolds ihn kurz mit einem Blick hinweisen musste, dass jetzt der Pianist mit seinem Solo dran ist.

E-Bass so melodisch wie eine Gitarre

Überhaupt Janek Gwizdala: er sitzt auf einem Barhocker, spielt seinen E-Bass fast so melodisch wie eine Gitarre und ist total versunken in seine Musik. Jeden Ton, den er seinem Instrument entlockt, begleitet er mit einem verzückten Lächeln oder einer ausdrucksstarken Miene. Im Mittelpunkt steht aber klar Bob Reynolds, der mit seinem warmen und dennoch kraftvollen Ton, den er auf seinem Tenor-Saxophon bläst, absolut überzeugt. „Bob ist ein höllischer Saxophonist! Sein Klang ist reichhaltig, und er spielt alles mühelos.“ (Michael Brecker) „Das gehört zur frischesten, überzeugendsten und gefühlvollsten Musik, die ich in letzter Zeit gehört habe.“  (Joshua Redman)
Der aus der Ukraine stammende Keyboarder Ruslan Sirota hat schon mit den weltbesten Musikern zusammengespielt, allerdings kommt er an diesem Abend etwas zu kurz. Dasselbe gilt auch für den Drummer Gene Coye, der lange sehr subtil und zurückhaltend begleitet, erst am Ende spielt er ein tolles, leises Solo, in dem er seine ganze Klasse zum Ausdruck bringt.

Nach der Pause ist das Konzert rhythmischer, lebendiger, die Musiker haben sich frei gespielt und gehen voll aus sich raus. Sie spielen eine leicht zugängliche Art von Jazz, voller Dynamik und wunderschönen Melodien. Das Publikum applaudiert immer wieder spontan. Bob lässt einfließen, dass der soeben gespielte Song „Unlucky“ heißt, weil er ihn nach dem Diebstahl eines Koffers voller technischen Gimmicks geschrieben hat. Bob Reynolds deutet auch an, dass dieser Abend nicht so lange gehen darf, denn die Band müsse um 4:30 aufstehen um zum Flug nach London zu kommen, wo sie in Ronnie Scott’s berühmten Jazzclub auftreten. Den Zuhörern hat’s gut gefallen, sie haben sich ganz der Musik hingegeben und hätten gerne mehr gehört, aber nach einer Zugabe haben sie ein Einsehen mit den Musikern, die ins Bett müssen.

Helmut Hugo Burkhardt

Alle Zitate: The Music Room / WoodWind-BrassWind

Unser Konzertbericht: Bob Reynolds Group in Tübingen 2018

Portraits von Bob Reynolds