David Helbock solo im C.Bechstein Centrum Tübingen 2022

David Helbock, piano

Tübingen, 16.12.2022

Prince und E.T. lassen grüßen

Filmmusik, Klassik und Jazz gehen bei David Helbock eine wunderbare Verbindung ein

Manchmal sieht es so aus, als schliefe er. Als käme ihm die Musik, die er spielt, im Traum. Dann wieder hält es David Helbock kaum auf seinem Klavierhocker. Dann bewegt sich sein Körper unablässig nach vorne und wieder zurück und seine Finger bearbeiten abwechselnd die Klaviertastatur und das Innere des Flügels. 

Sie tasten sich durch Titel, die man als Jazzenthusiast nicht unbedingt, aber als Film- Pop- oder Klassikfan sehr wohl kennen sollte. Sie heißen „E.T.“, „Weißer Hai“ und „Catch me if you can“. Alles Musik des mehrfach Oscar-prämierten Filmkomponisten John Williams, die dieser für die Blockbuster schrieb. Bereits als Kind entdeckte Helbock die Musik des bekannten US-amerikanischen Komponisten und Produzenten von Orchester- und Filmmusik, der am liebsten mit Regisseur Steven Spielberg zusammenarbeitete. Aber auch mit bekannten Popsongs wie „Purple Rain“ von Prince oder mit klassischen Bearbeitungen von Beethoven (Siebte Symphonie zweiter Satz) und Mozart  entwickelt der 38-jährige Helbock einen zeitlosen Jazz und erreicht damit eine spielerische Freiheit ohne Auflösung der Form.

Herausforderungen, ganz gleich ob solo oder im Ensemble, ob im Jazz oder in der Filmmusik – für den österreichischen Pianisten scheinen sie stets dazu da, angenommen zu werden. So auch bei seinem vom Jazzclub Tübingen organisierten „Best of Solo”-Konzert im gut besuchten Bechstein Centrum. Dort verhehlt der österreichische Pianist nicht seine Liebe zur Filmmusik, aber auch Interpretationen des großen Thelonious Monk („Round Midnight“), des italienischen Pianisten Enrico Pieranunzi („Don’t forget the poet“)  und mehrere Eigenkompositionen kommen an diesem Abend zu Gehör.

Das gesamte Konzert gestaltet Helbock mit zum Teil emotionalen Kompositionen, verfremdet sie, zieht jede einzelne Melodie hinüber in seine Welt, indem er Inside-Piano-Techniken einsetzt, Saiten mit der Hand abdämpft oder im Stehen das Innere des Klaviers als Perkussionsinstrument verwendet. Aber er zeigt auch sein anderes Gesicht. Und das ist ganz prägnant, immer auf den Punkt, nie ausschweifend, aber deshalb auch nie puristisch. Helbocks „Hymn for Sophie Scholl” aus seinem letzten Album „The New Cool“, das er mit dem Ex-Tübinger Sebastian Studnitzky eingespielt hat, kommt ganz und gar jazzig daher und gleichzeitig hat es einen berührend-elegischen Touch. Dann wieder agiert der Pianoästhet mit leichter Hand, wie aus dem Ärmel geschüttelt, und überzeugt mit einem brillanten Feuerwerk von vielfach gegenläufigen Rhythmuslinien und gewagten Tempovariationen.

Auch am Ende seines 90-minütigen Solokonzerts unterstreicht David Helbock noch einmal seine Ambitionen als Crossover-Spezialist zwischen Jazz, Filmmusik und Klassik: Das Thema von John Williams Filmmusik aus  „Sieben Jahre in Tibet“ zerpflückt und entkernt er bis zur Unkenntlichkeit und selbst bei Mozarts Kinderlied „Komm lieber Mai, und mache“ bleibt Helbock bei seinem eigenwilligen Zugang. Erst nach zwei Zugaben lässt das begeisterte Publikum den Pianisten ziehen.

Jürgen Spieß

Portraits von David Helbock