Camille O’Sullivan bei der jazzopen Stuttgart 2019

Camille O’Sullivan – vocals
Feargal Murray – piano
Paul Byrne – drums
Steven Fraser – guitar

Stuttgart, 11.7.2019

Ein ergreifendes Konzertereignis

Die diesjährigen Stuttgarter jazzopen boten eine ungewöhnliche Vielzahl weiblicher Sängerinnen; und als im BIX die irische Sängerin Camille O´Sullivan auftrat, kam eine ganz eigene Stilrichtung auf die Bühne, die vollkommen unverwechselbar und authentisch klang. Begleitet von Feargal Murray am Piano, von Paul Byrne am Schlagzeug und von Steven Fraser an der Gitarre war die 44jährige Künstlerin als „Gänsehaut erzeugend“ angekündigt worden. Um es vorweg zu nehmen: dieser Anspruch wurde voll und ganz erfüllt!

Die Tochter eines irischen Rennfahrers und einer französischen Künstlerin hat ihre musikalischen Wurzeln im Interesse für Hanns Eissler und Kurt Weil und feierte ihre ersten Erfolge mit Interpretationen von Jacques Brel.

Für den Abend im BIX hatte sie jedoch Lieder von Bob Dylan, Nick Cave, David Bowie und Leonard Cohen dabei. Camille O´Sullivan steht nicht ruhig auf der Bühne und trägt Lieder vor, nein, sie inszeniert sie, erleidet sie und gibt dabei alles: sie flüstert, haucht, schreit, jammert und tobt und sie bringt dadurch die Inhalte der Songs auf eine atemberaubende Weise ans Publikum heran, dass niemand unberührt bleibt. Die Palette bietet alles von unbegleitetem Gesang in „Port of Amsterdam“ bis zu lauten Rockpassagen in „Don´t think twice„. Sie verausgabt sich dabei so sehr, dass sie am Ende der Show außer Atem, zerzaust und mit verlaufener Schminke dasteht. Wenn man sich die Reihe der Komponisten ansieht, dann wird auch deutlich, dass es sich bei den Liedern nicht um leichte Kost handeln kann: teilweise sehr düster und abgründig, wobei Camille O´Sullivan die jeweiligen Inhalte mit ihrer Interpretation sehr genau traf und immer absolut authentisch wirkte.

Ein sehr spezielles und ergreifendes Konzertereignis, das unter die Haut ging – für Menschen, die zu Depressionen neigen, eher nicht zu empfehlen.

Markus Minberg

Portraits von Camille O´Sullivan