Till Brönner bei der jazzopen 2022 im Alten Schloß Stuttgart

Till Brönner, Trompete, Flügelhorn
Christian von Kaphengst, Bass
Olaf Polziehn,
Flügel, Fender Rhodes
Jan Miserre, Keyboard
Bruno Müller, Gitarre
Mark Wyand
, Sax

Stuttgart, 9.7.2022

Ein deutsches Aushängeschild in Sachen Jazz und (Musik)-Artenvielfalt

Wie kaum ein anderer deutscher „Jazzer“ genießt der Trompeter Till Brönner internationale Reputation. Ein Wandler zwischen verschiedenen Stilrichtungen, aber immer mit unvergleichlichem Ton. Im schönen Ambiente des Stuttgarter Alten Schlosses war beim Jazz Open „Urlaub mit Trompete“ angesagt. „On Vacation“ heißt auch sein aktuelles Album aus dem er, neben Klassikern, einige Nummern zum Besten gab.

Sein kongenialer Arrangeur- und Kompositionspartner Christian von Kaphengst war als Bandkollege bereits Garant, dass es ein paar spannende Noten auf die Ohren gab. Und auch sonst war das Septett treffsicher zusammengestellt. Ein Streifzug durch seine Alben sollte es geben mit „meinen ziemlich besten Freunden“, wie er die Formation ankündigte. Die beiden Tastenmänner Olaf Polziehn (Flügel / Fender Rhodes) und Jan Miserre (Keyboard) sorgten für den entsprechenden Klangteppich auf dem sich Brönner und Kollegen entsprechend breit machen konnten, um hernach zu Höhenflügen abzuheben. Besonders die Flügelhorn-Licks in den Balladen schufen eine sphärische Stimmung, die die Besucher zum Mitfliegen einlud. Als Kontrastprogramm nahm der junge Gitarrist Bruno Müller mit seiner semiakustischen Gibson in eher rockige Gefilde mit. Im Prinzip war für jeden Geschmack etwas dabei.

Eigenwillige Arrangements

Besonders hervorzuheben wäre ein sehr eigenwilliges Arrangement von Carlos Santanas „Europa“, das sehr meditativ und klangcollagengespickt begann. Tenorsax und Trompete deuteten zwar immer wieder mal das Thema an, doch wer die Santana Nummer im Ohr hatte, irrte erst mal durch den Klangwald. Und plötzlich ging die Sonne auf, als Müller mit seiner „Santanagitarre“ klar in eine Waldlichtung strahlte. Plötzlich tauchten auch noch Elektrojazz-Elemente auf. Aus einem meditativen Minimal-Beat entwickelte sich ein riesiges Drum-Solo. Die völlig abgedrehte Version dieses Rock-Klassikers leitete schließlich in ein unaufgeregtes filigranes Tenorsax-Solo Mark Wyands über, gefolgt von Flügelhorn-Ausflügen vom Feinsten! Eine bessere Visitenkarte für gehobene musikalische Kreativität, hätte die Formation kaum abgeben können.

Zweifelsohne ist Brönner auch verbal ein großer Entertainer; zum Beispiel, wenn er lebhaft von seinen Eindrücken von Rio de Janeiro berichtet, wo er „eigentlich Antonio Carlos Jobim treffen wollte“, wie er erzählte. Auch wenn das nicht mehr geklappt hat, tat es seiner Affinität zur Bossa Nova keinen Abbruch. Gefühlvoll zelebrierte er aus dem „Rio“-Album seine Liebe zu diesem Brazil-Groove. Mit „September“ von Earth, Wind & Fire schaffte es Brönner am Ende eines grandiosen Auftritts den ausverkauften Schloss-Innenhof zum Mitsingen zu animieren. Jubelnde Zuschauer und Standing Ovations. Das Brot des Künstlers mutierte eindeutig zum Kuchen!

Bernd Epple

Portraits von Christian von Kaphengst

Portraits von Olaf Polziehn

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