Van Morrison bei der jazzopen 2022

Van Morrison – Artist
Dave Keary – Gitarre
Paul Moore – Bass
Colin Griffin – Schlagzeug
Richard Dunn – Piano und Hammond Orgel
Teena Lyle – Percussions
Chris White – Saxophon
Matt Holland – Trompete
Elle Cato – Background Vocals

Stuttgart, 16.7.2022

Der grimmige Mann und die tanzenden Silberrücken

Wer, wie der Schreiber dieser Zeilen, alle Konzerte an diesem Samstagabend in Stuttgart besuchte, wurde unweigerlich damit konfrontiert was Open in diesen 11 Jazztagen bedeutet. Unterschiedlicher konnte die Streuung der verschiedenen Musikstile an diesem Abend kaum sein.

Eröffnet wurde der musikalische Reigen, bei hitzigen abendlichen 28 Grad von der nordirischen Blueslegende Van Morrison, der gut gerüstet mit Sonnenhut, dunkler Brille und himmelblauem Anzug die Bühne betrat. Wie immer griesgrämig dreinblickend, nahezu ohne Kontakt zum Publikum und einem Programm, das wie gewohnt scheinbar sekundengenau getaktet war. Das Tempo der Stücke bleibt anfangs relativ gleich, keine großen Höhepunkte, aber die brillanten Begleitmusiker liefern einen exzellenten Sound ab, mit zwar kurzen, aber qualitativ hochwertigen Solis. Chris White am Saxophon übernimmt meist die prägnanten Soloparts, während van Morrison sich meist ausschließlich dem Gesang und seiner Mundharmonika widmet. Trotz seiner inzwischen 76 Jahre ist stimmlich kaum eine Einschränkung zu vernehmen, die unverkennbar knarzige Stimme ist nach wie vor gut in Schuss. Die Musik erweist sich als durchaus tanzbar und nach gut 20 Minuten kommt Bewegung in die knapp 7000 Zuschauer. Das Durchschnittsalter bewegte sich, und das war, unschwer von der Tribüne aus an der Haarfarbe der Masse zu erkennen, wohl jenseits der 60. Und so entstand ein “Tanz der Silberrücken“. Selbst in die Logen der Businessgäste kam Bewegung. Das Tempo und auch die Stimmung im Publikum erhöht sich mit einer rockigen Version von Baby please don‘ t go und überraschenderweise huscht auch ein Lächeln über das Gesicht des Nordiren. Nach gut 85 Minuten beschließt der Chicken Blues das normale Programm, doch „Brown eyed girl“ und sein Monsterhit „Gloria“ müssen dann doch noch sein um das Bluesvolk glücklich zu machen. Ella Cato die Backgroundsängerin kann doch noch ihre enormen stimmlichen Qualitäten präsentieren, als der Meister, mit mürrischen Gesichtsausdruck schon längst die Bühne verlassen hat. Wie bemerkte der Stuttgarter Musikkritikerpapst Thomas Steiber: „Nur wer mürrisch und introvertiert daherkommt, kann einen guten Blues spielen.“ Dem wird wohl so sein.

Harald Kümmel

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