Konzerte

Vibe Factor bei den Theaterhaus Jazztagen 2025

Joo Kraus (tp, electronics)
Omar Sosa (p)
Diego Piñera (perc)

Stuttgart, 21.4.2025

Die magische Musikreise zu Hip-Hip Beats und Vibes

Trompete mit Elektronik, uruguayische Drumsounds und der Mann im weißen Kaftan.

Nach dem sich der „musikalische Overload“ bei einem Gläschen Wein, einem Bier oder einem anderen Kaltgetränk in den Hirn- und Gehörwindungen verflüchtigt hatte und man den Resetknopf drückte, konnte man sich relativ unbedarft zurück in den Konzertsaal begeben um sich auf einen weiteren musikalischen Trip einzulassen. Der kubanische Pianist Omar Sosa, der Trompeter Joo Kraus und der südamerikanische Drummer Diego Pinera betreten die Bühne um die Zuschauer auf diese facettenreiche musikalische Reise mitzunehmen. Schon alleine als der nahezu immer lächelnde Sosa über die Bühne zu seinem Klavier schreitet ist schon der Bann gebrochen und gute Laune flutet den Saal. Wie immer in einem extravaganten Outfit ist Sosa auch optisch eine besondere Erscheinung. Dagegen wirkt Trompeter Kraus eher introvertiert und zurückhaltend. Sosa übernimmt sofort das Kommando Kraus und Pineira halten sich dezent zurück und untermalen das Klavierspiel mit sanften Tönen und Beats.

Pineira streichelt sanft seine Felle, lässt seine Becken zart erklingen, während Kraus eher in die Trompete atmet als bläst. Der strukturelle Aufbau bietet schon eine gewisse Genialität, Drumsounds Polyrhythmen und Hip Hop Beats vereinen sich zu groovigen Vibes. Der Flow, der zwischen den drei Musikern entsteht, ist von Anfang an zu spüren. Kraus hat eine enorme musikalische Bandbreite, die er diesen Abend auch ausleben kann. Vor knapp zwanzig Jahren gründete er zusammen mit Kraan-Bassist Helmut Hattler das Duo Tab Two und veröffentlichte drei kommerziell recht erfolgreiche Alben. Jahre später kamen mit dem Album  Sueno, dass er im kubanischen Havanna aufnahm, die ersten Berührungen mit südamerikanischer Musik zustande. Und so ist es nicht verwunderlich dass Kraus zwischen einem kubanischen Pianisten und einem uruguayischen Drummer musikalisch das perfekte „Missing Link“ ist. Doch manchmal überzieht Kraus seine elektronischen Experimente etwas und man wünscht sich etwas mehr „normales“ Trompetenspiel. Da wäre weniger manchmal etwas mehr gewesen.

Stets ist Rhythmik im Spiel

Doch stets ist Rhythmik im Spiel perfekt inszeniert von Diego Pineira, der bei seinem kurzen Solo eine unwahrscheinliche Kreativität an den Tag legt. Mal kraftvoll barbarisch seine Drums bearbeitet, um Sekunden später wieder liebevoll schlagend weiter zu spielen. Nach dem Teufelsdrummer Niggli, wie  Vocalist Schaerer seinen Mitspieler vor einer Stunde nannte, ist Pineira, nach Curt Cress, Wolfi Schmidt, Triluk Gurtu und Wolfgang Haffner ein weiteres drumtechnisches Highlight bei den Jazztagen im Theaterhaus.

Die Musik des Trio erscheint einem wie eine musikalische „Meditationsdauerschleife“, die gelegentlich durch Sosas dynamische Klaviereruptionen unterbrochen wird, was selten geschieht. Alles ziemlich gechillt und smooth, wie man in neudeutsch so schön sagt. Gegen Schluss des Konzertes, animiert Sosa das Publikum dann doch noch zum Mitsingen und zum rhythmischen Klatschen, was leidlich gelingt. Die meisten der Zuhörer scheinen so in ihrer gechillten Soundmeditation versunken zu sein, so dass Aktivität schwer fällt. Dennoch, nach fast drei Stunden hochklassiger mit viel Diversität durchsetzter Musik, verlässt das Publikum das Theaterhaus zufrieden und entspannt. Gechillt eben!

Harald Kümmel

Portraits von Joo Kraus

Portraits von Omar Sosa

Portraits von Diego Pinera

Unsere Fotogalerie: Internationale Theaterhaus Jazztage 2025