Stanley Clarke Band bei der jazzopen Stuttgart 2018

Stanley Clarke, bass
Beka Gochiashvili, piano
Cameron Graves, keys
Salar Nader, tabla
Shariq Tucker, drums

Stuttgart, 14.7.2018

Wer nicht da war hat ein ganz großes Konzert versäumt!

Damit ist eigentlich alles gesagt und jedes weitere Wort kann den grandiosen Eindruck nur unzulänglich wiedergeben.

Stanley Clarke, der vor kurzem 67 Jahre alt wurde, hat eine Geliebte: sie ist fast so groß wie er selbst, etwas rundlich, aus Holz und hat vier Saiten. Dass die beiden eine lebenslange Beziehung pflegen, zeigt sich in der Tatsache, dass sie in der Lage sind, alle Emotionsnuancen auszudrücken, deren eine Musikerseele fähig ist. Von extremen Slaps bis hin zu den zartesten gestrichenen Passagen gibt es nichts, was in der Klangwelt von Clarke fehlt. Daneben kann er das Auditorium mit dem E-Bass binnen weniger Augenblicke in Hochstimmung versetzen.

Vier herausragende jungen Musiker

Zu dieser extremen Vielfältigkeit hat er sich für seine derzeitige Tour mit vier herausragenden jungen Musikern zusammengetan, die gemeinsam ein Quintett bilden, das Potenzial hat, in die Annalen einzugehen: an den Keyboards saß Cameron Graves, der an der amerikanischen Westküste zu den innovativsten Jazzmusikern gehört. Durch sein Mitwirken in der Formation West Coast Get Down und seine Zusammenarbeit mit Kamasi Washington zeigte er, wohin der Jazz sich entwickeln kann. Aus der Bronx stammt der 24jährige Shariq Tucker, der im Konzert die Freiheit erhielt, sein ganzes Können in langen Soli zu demonstrieren und der das Schlagzeug als vollwertiges Instrument einsetzt. Am Piano hatte Clarke den 23 Jahre alten Beka Gochiashvili aus Georgien dabei, der brillante Läufe mit einfühlsamem Zusammenspiel kombinierte. Vervollständigt wurde das Quintett durch den aus Afghanistan stammenden, in Hamburg geborenen und in den USA aufgewachsenen Salar Nader an den Tablas. Bass, Schlagzeug, Tablas und zwei Keyboarder ergeben ein recht ungewöhnliches und ausgesprochen perkussiv ausgerichtetes Ensemble, das vom ersten Ton an dynamische Musik voller Energie lieferte und keine einzige Minute seicht wurde.

Über Stanley Clarke, den Grammy-Preisträger und Protagonisten des Fusion-Jazz, viele Worte zu machen erübrigt sich. Thomas Siffling beendete sein Vorkonzert mit den Worten, er freue sich auf ein Idol seiner Jugend. Was dann kam war das Gegenteil einer Rentnerband, die sich auf ausgetretenen Pfaden bewegt. Man kann es mit abwechslungsreich, dynamisch, innovativ oder sonstigen Vokabeln umkreisen, die allesamt mehr oder weniger abgenutzt und nichtssagend sind. Dass die Musik dieses Abends weit mehr war als all dies, wurde eindrucksvoll dadurch bewiesen, dass am Ende des Konzertes alle Zuschauer stehend zuhörten und die Formation nicht vor drei Zugaben von der Bühne entlassen wurde.

Markus Minberg

Portraits von Stanley Clarke

Zuvor auf selber Bühne: Thomas Siffling mit Band – Playground: Juliana Blumenschein Quintett