Shake Stew im Sudhaus Tübingen 2020

Gris Gris

Lukas Kranzelbinder, bass, bandleader
Clemens Salesny, alto sax
Mario Rom, trompete
Otis Sandsjö, tenor sax
Oliver Potratz, bass
Nikolaus Dolp, drums
Andreas Haberl, drums

Tübingen, 17.1.2020

Shake Stew: optisch und musikalisch ein Genuss!

So was sieht man nicht alle Tage: eine Jazzcombo mit einem optisch durchgestyltem Auftritt: Alle Musiker im Einheitslook: goldenes Glitzerhemd mit zwei schwarzen Ringen. Im Hintergrund hängt ein großes Becken mit goldenen und schwarzen Kreisen und auch ihre neue CD „Gris Gris” ist so gestaltet. In der Business Welt nennt man das Corporate Identity, im Jazz ist es ein echter Hingucker.

Die sieben Männer (!) spielen aber alles andere als uniform, zwar wie eine Einheit, aber was für eine! Die junge österreichische Formation überzeugt vor allem „live”. Dreh und Angelpunkt ist Bandleader und Bassist Lukas Kranzelbinder, der alle Stücke komponiert hat, das Publikum mit launigen Ansagen bestens unterhält, sich musikalisch aber niemals in den Mittelpunkt drängt.

Das Septett ist druckvoll mit zwei Schlagzeugen, zwei Bässen und drei Bläsern ganz ungewöhnlich besetzt. Musikalisch bietet der Stew (engl. = Eintopf) „viele exotische Zutaten: Grandiose Rhythmen, schmelzende Bläser, hypnotischer Funk-Beat-Swing-Afro-Jazz-Rock-Rhythm-and-Irgendwas”. (Ulrich Stock; Die Zeit)

Schon beim SWR NewJazz Meeting 2018 überzeugend

Jazz im Prinz Karl holte Lukas Kranzelbinder mit Shake Stew nach Tübingen, weil er beim SWR NewJazz Meeting 2018 überzeugte, ebenso wie Mario Rom, der auch bei Shake Stew eine vorzügliche Trompete spielt. Die beiden Drummer Nikolaus Dolp und Andreas Haberl sind keine „Rhythmusknechte” und versuchen erst gar nicht, sich gegenseitig in einer „Drumbattle” zu übertrumpfen. Sie spielen filigran miteinander, hören aufeinander, lassen sich Raum und vereinen mitunter ihre Musik zu einem Schlagzeugfeuerwerk, wie man es noch nie gehört hat.

Dasselbe gilt für die beiden Bassisten, die aus ihren Instrumenten alles herausholen: sie spielen akustisch und elektrisch, Kranzelbinder zupft und klopft und greift beherzt in die Saiten. Der oft mit Bogen gestrichene Bass von Oliver Potratz klingt schlicht herausragend.

Und darüber die drei Bläser, weich und voll, dann wild expressiv oder hymnisch, einfach unberechenbar. Clemens Salesny, der Altsaxofonist, oft zurückhaltend im Auftritt wie sie alle, aber immer voll bei der Sache. Und dann steigert sich der Tenor-Saxofonist Otis Sandsjö, der kurzfristig eingesprungen und der einzige Musiker auf der Bühne ist, der mit Notenblatt spielt, in ein unglaubliches Solo hinein, das jede Form sprengt.

Das Publikum im Sudhaus ist aus dem Häuschen, von Kranzelbinder aufgefordert nicht nur zu klatschen, das sei manchmal etwas peinlich,
beginnt laut zu rufen, es wird geraunt und gejuchzt und so den ausgezeichneten Musikern Anerkennung gezollt. Als Kranzelbinder das letzte Stück ankündigt, protestieren die Zuhörer und beruhigen sich erst, weil das Stück „So he spoke” sehr lang sei. Was dann auch stimmt, dennoch will das begeisterte Publikum mehr und lässt die Band erst nach einer weiteren Zugabe von der Bühne. Was für ein grandioser Abend!

Helmut Hugo Burkhardt

Unser Konzertbericht: Lukas Kranzelbinder und Mario Rom beim SWR NEWJazz Meeting 2018 im Sudhaus Tübingen

Unser Konzertbericht: Lukas Kranzelbinder und Mario Rom mit Mario Rom’s INTERZONE in der Dieselstrasse Esslingen 2018