Kai Schumacher und Gisbert zu Knyphausen 2022

Die Rockband
Gisbert zu Knyphausen: Gesang, Gitarre
Kai Schumacher: Piano
Sebastian Deufel: Drums, Percussion
Michael Flury: Posaune, Glockenspiel
Marcus Schneider: E-Gitarre
Felix Weigt: Kontrabass

Das Streichquartett
Luisa Laureo: Violine
Yana Gottheil: Violine
Friedemann Slenczka: Viola
Elif Dimli: Cello

Stuttgart, 12.4.2022

Ist es denn ein Wunder….

wenn Singer/Songwriter Gisbert zu Knyphausen Schubert Lieder singt ? Nein, eigentlich nicht, denn Franz Schubert sei der erste Sänger/Liedermacher des 19. Jahrhunderts gewesen, konstatieren die beiden Hauptakteure des Liederabends.
Theaterhaus Impressario Werner Scherzmeier begrüßt das fast volle große Haus mit dem launigen Kommentar, dass er alle Anwesenden zu ihrem guten Musikgeschmack gratuliere, denn sie erwarte etwas Besonderes.

Und Recht sollte er behalten!
Der klassisch geschulte Kai Schumacher am Piano und der Gitarrist und Sänger Gisbert zu Knyphausen mit Band führen im Rahmen der 33. Theaterhaus Jazztage ihr Programm „Lasst irre Hunde heulen“ auf, eine irre Mischung von Liedern u.a. aus Schuberts „Winterreise“ und Eigenkompositionen von Gisbert zu Knyphausen.
Die 6-köpfige Rockband und ein Streichquartett betreten die dunkle Bühne, eine ungewöhnliche Besetzung, einfach kongenial für das Programm. Witzig auch, dass die Rocker fast alle im Sitzen spielen, die Streicher*innen aber stehen in der Backline und rocken heftig mit. Verkehrte Welt!

Es beginnt klassisch…

Es beginnt klassisch, die Posaune von Michael Flury schafft eine sphärisch- Atmosphäre unterstrichen von den schwebenden Klängen des Streichquartetts. Klassische – und Rockinstrumenten finden zueinander, im Zentrum aber steht Gisbert zu Knyphausen mit ausdruckstarkem Gesang. Die ersten 3 Songs ziehen schuberttypisch runter, wie zu Knyphausen dann sagt und erklärt, dass die Idee, Schubertlieder zu spielen, vom Pianisten und Komponisten Kai Schumacher kam. Denn mit Schubert hatte zu Knyphausen bis dato nichts zu tun, aber er hätte schnell festgesellt, dass Schubert ein Seelenverwandter sie, denn er hätte Themen und Gefühle in Worte gefasst, die auch von ihm sein könnten – nur in einer 200 Jahren alten Diktion.
Kai Schumacher arrangierte Schuberts Lieder ziemlich modern, den Musikern gelingt es, sie im Zusammenspiel zwischen Rock und Klassik ohne Kitsch ins Hier und Jetzt zu holen. Als Zuhörer merkt man fast nicht, ob da gerade ein Schubert oder ein zu Knyphausen erklingt. Ist eigentlich auch nicht so wichtig, denn hier stimmt alles: die Musik, die Instrumentierung, die Songs und der ernsthafte und doch erfrischende Vortrag.
Zu Knyphausens Song „Hier bin ich“ fällt jedoch etwas aus dem Kanon heraus, ist zu rockig angelegt, stammt er doch vom Projekt „Kid Kopphausen“, einer Rockband aus Hamburg, die von Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen im Jahr 2011 gegründet wurde und mit dem Tod von Nils Koppruch schon 2012 beendet war. Tragisch !!
Trotzdem entsteht im Publikum so langsam eine gewisse Euphorie, viele kennen wohl die Songs, lassen sich mitreißen, die Musiker aber treten auf die Spaßbremse und singen wieder ein trauriges Lied für alle, die zu früh gegangen sind. Sic!.

Den Musikern macht es erkennbar Spaß, sind ihrerseits vom Publikum begeistert, doch so langsam kommen sie zum Ende ihres Programms – müssen aber noch drei Zugaben spielen, am Schluss: Standing Ovations!
Nein, kein Wunder, nur ein gelungenes, ungewöhnliches  Konzert !

Helmut Hugo Burkhardt