Copland Schläppi Duo im Pappelgarten Reutlingen 2023

Marc Copland, Piano
Daniel Schläppi, Bass

Reutlingen, 3.2.2023

Das wunderbare Duo Marc Copland / Daniel Schläppi im Pappelgarten Reutlingen 2023

Der Star am Klavier und ein Hund als Kritiker

Wieder mal gab sich ein Star aus der Jazzszene im heimeligen Reutlinger Pappelgarten die Ehre. Der 1948 in Philadelphia geborene Marc Copland und sein Begleiter, der Schweizer Kontrabassist Daniel Schläppi waren an diesem Abend auf Einladung von Themu e.V. mit dem Pappelgartenbetreiber und Bassist Tobias Festl zu Gast. Gut 50 andächtig lauschende Zuhörer/innen sorgten für eine besonders intime „Wohnzimmeratmosphäre“ für dieses durchaus bemerkenswerte Konzert. Das besondere Ambiente wird auch durch Haushündin Stella unterstrichen, die gelegentlich kurze Kommentare zu verschiedenen Zeitpunkten des Konzertes von sich gab. Ob diese tierischen Bemerkungen positiver oder negativer Natur waren, war kaum zu ergründen. Die Musiker quittierten dies stets mit einem süffisanten Grinsen und ließen sich dadurch in ihrem konzentrierten Spiel nicht aus dem Konzept bringen.

Copland, der in der 1960er Jahren eigentlich als Saxophonist startete sattelte nach einigen Jahren auf das Piano um, da ihn das Saxophonspiel nicht zufriedenstellte. In seiner musikalischen Vita begegnen einem Jazzgrößen wie John Abercrombie, Randy Brecker, Eddie Harris, Herbie Mann, Gary Peacock oder John Scofield. In der 90ziger Jahren tourte Copeland mit verschiedenen eigenen Formationen, meist als Trio oder Quartett durch Europa. Anfang der 2000er Jahre trat vermehrt das Spiel im Duo in den Vordergrund, wobei er immer wieder die Instrumentierung wechselte. Seit vielen Jahren ist der Schweizer Bassist Daniel Schläppi auf vielen Tourneen und CD-Einspielungen sein fester Partner.

Eigentlich hat der Berner Jazzmusiker Schläppi eine andere berufliche Karriere eingeschlagen: Er ist Historiker und sein Spezialgebiet ist die Ökonomie und Politik des 16. Jahrhunderts. In seinem zweiten beruflichen Leben bewegt sich Schläppi jenseits der Vergangenheit, hier befasst er mit der aktuellen Jazzmusik, die ihren Weg in die Zukunft sucht. Wenn er einen der beiden Berufe aufgeben müsste, könnte er nicht sagen welchen er ad acta legen würde. Es ist eben sein Weg den er so gewählt hat, und er ist glücklich, beides tun zu können. Glück auch für Marc Copland, der einen Partner auf musikalischer Augenhöhe hat und für das Reutlinger Publikum, das an diesem Abend von dem kongenialen Zusammenspiel des Duos profitierte.

Blindes musikalisches Verständnis

Die Konzerte dieser Beiden sind Unikate, jeder Abend verläuft anders. Es gibt keine festgelegte Setlist, das meiste entsteht spontan aus einer Stimmung heraus, die beide Musiker verbindet. Eigenkompositionen, Jazzstandards und bekannte Stücken wie zum Beispiel der Lennon/McCartney Song „And i love her“ bilden das Fundament für die feinen Improvisation und solistischen Ausflüge der beiden Musiker. Was auffällt, ist das blinde musikalische Verständnis das zwischen den Beiden herrscht. Es besteht kaum Blickkontakt, die meiste Zeit sind die Köpfe gesenkt und jeder ist in das Spiel seines Instrumentes vertieft, ohne jedoch die Achtsamkeit auf das Spiel des Gegenübers zu verlieren. So entsteht ein harmonischer Flow zwischen den zwei Musikern, der nie ins Avantgardistische abdriftet und damit auch für den Zuhörer, der nicht unbedingt ein Jazzkenner ist, gut anzuhören und konsumierbar ist.

Die Pianolinien scheinen aus Copelands Händen zu sprudeln, untermalt von dem meist zurückhaltenden feinen Bassspiels Schläppis. Die solistischen Ausflüge Schläppis sind geprägt von dem sanften Ton des Instruments, nie hektisch oder wild, meist schwebend und ruhig. Das Pianospiel Coplands erinnert nicht selten an einen ruhig spielenden Keith Jarrett, aber kopiert wird hier nichts, alles hat seinen ganz eigenen Stil, auch beim Jazzklassiker „Autum leaves“ der hier in einer besonders schönen Version erklingt, ist dieser besondere Stil erkennbar. „Never let me go“ eine wunderschöne Ballade des amerikanischen Songwriters Jay Livingstone begeistert das andächtig lauschende Publikum besonders und so vergehen zwei wunderbare musikalische erquickliche Stunden im schönen Ambiente des Pappelgartens.

Harald Kümmel

Portraits von Marc Copland

Portraits von Daniel Schläppi