Nils Wogram’s Root 70 bei den Theaterhaus Jazztagen 2025
Nils Wogram (tb)
Hayden Chisholm (as)
Matt Penman (b)
Jochen Rückert (dr)
Stuttgart, 14.4.2024
Die wollen nur spielen
Bei den 35. Theaterhaus-Jazztagen verzichtet wohl einer der besten Posaunisten der europäischen Jazzszene auf technischen Schnickschnack. Nils Wogram und seine Root 70 haben‘s auch gar nicht nötig.
Ein klassisches Jazzquartett ohne Harmonie-Instrument – so what! Nils Wogram (Posaune), Hayden Chisholm (Alt-Saxophon), Matt Penman (Kontrabass) und Jochen Rückert (Schlagzeug) können aufgrund ihrer Klasse darauf verzichten; sieht man mal von kleinen Melodica-Phrasen ab, die Wogram an diesem Abend gelegentlich mal einstreuen sollte. Zu vorgerückter Stunde – Markus Stockhausen und seine Group hatte gerade die Bühne im T2 verlassen – besann sich Root 70 auf die Roots des Jazz.
Die Klarheit eines Gerry Mulligan oder Albert Mangelsdorff mit einem sehr transparenten und leichten akustischen Sound lässt die Musiker nach coolen Sounds klingen, die man mit der amerikanischen Westküste in Verbindung bringt. Ein organischer Bandsound, einzigartige Soli und einen tiefen Respekt für die Jazztradition mit einer sehr persönlichen Note, das sind die Qualitäten und Merkmale des Quartetts Root 70 des Posaunisten Nils Wogram. Auch wenn dem Sitzfleisch an diesem Montagabend viel abverlangt wird, die Qualität der Band kompensiert das, macht diesen Umstand vergessen und lässt keine Langeweile aufkommen.
Schöne Arrangements und feine Dynamik
Schöne Arrangements, feine Dynamik und jede Menge kreative Unisono-Licks -ein- und zweistimmig-, ziehen die Besucher in Bann und lassen aufhorchen. Chrisholm bläst sein Instrument bisweilen so rund und zart, dass man ihm das Prädikat „Mietshaustauglich“ angedeihen lassen könnte. Aber natürlich nicht nur dies; das Bläserduo jagt mit äußerster Präzision durch die Skalen und sorgt so für die nötige Würze, die das Jazz-Menü verfeinert. Wograms Zutaten heißen: Polyphones Posaunenspiel, wie es nur wenige können. Seine atemberaubende „Dirty Play“-Sing- und Grunzstimme schaffen eine einzigartige Melange mit den reinen Posaunentönen.
Neben der Kreation einer Laid Back-Atmosphäre kann das Quartett an manchen Stellen auch mal wie eine Bigband klingen. Spielfreude pur! Wer vermisst da noch Gitarre, Piano & Co? Insgesamt ein runder und anregender Auftritt, der es jedoch verdient gehabt hätte, nicht erst nach 22 Uhr angesetzt zu sein. Dennoch kamen die Herren nicht umhin noch eine späte Zugabe zu spielen. Die zweite hieß: „Jetzt dürfen alle ins Bett“.
Bernd Epple
Portraits von Nils Wogram
Portraits von Hayden Crisholm
Portraits von Matt Penman
Portraits von Jochen Rückert