Markus Stockhausen Group bei den Theaterhaus Jazztagen 2025
Markus Stockhausen (flgh, tp, electronic)
Jeroen van Vliet (p, key)
Jörg Brinkmann (cello, electronic)
Christian Thomé (dr)
Stuttgart, 14.4.2024
Eine Reise durch die Klang-Galaxie
Nach dem Jan Garbarek-Konzert am 13. April füllte tags darauf die Markus Stockhausen Group das T2. Die großen Fußstapfen, welche die Saxophon-Ikone hinterlassen hatte wären nur schwer auszufüllen, möchte man meinen – doch die Konzertbesucher wurden schnell eines Besseren belehrt.
Stockhausen ist ein musikalischer Grenzgänger, der sich schwer in ein Genre einordnen lässt. Er zählt international zu den vielseitigsten Musikern unserer Zeit, der sowohl im Jazz, als auch in der zeitgenössischen und der klassischen Musik zuhause ist. Kennzeichen seines Trompetenspiels ist sein heller, klarer, der klassischen Musik entlehnter Ton, wie auch die Einbeziehung der Elektronik.
Galt sein Vater Karlheinz Stockhausen (1928-2007) als Pionier der elektronischen und Neuen Musik, sowie einer der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, kommt Sohn Markus diesbezüglich gemäßigter daher. Er lotet zugunsten von Schönklängen elektronische Grenzen weniger dissonant aus. Und es scheint, er habe sich eher einer Spiritualität verschrieben, die ihn zum musikalischen Sphären-Durchwanderer macht. Und da findet sich die Parallele zu Garbarek. Markus Stockhausen setzt mit seiner aktuellen Formation auf Streicherbegleitung, ebenso wie der Saxophonist 2004 auf seinem „In Praise of Dreams“-Album, wo Kim Kashashian die Viola streicht.
Jörg Brinkmann ist der Cellist an seiner Seite. Er zupft sein Instrument Kontrabass-gleich oder streicht es Flügelhorn-umspielend zart oder mit kraftvoller Intensität. Getrost darf man die beiden als Protagonisten dieser Formation bezeichnen, denen sich Christian Thomé an den Drums und Jeroen van Vliet am Steinway-Flügel, dem Gesamtklangbild dienend, unterordnen.
Schweben durch ferne Galaxien
Mit einem Stockhausen-Klassiker „Far into the Stars“ wird das knapp zweistündige Konzert eröffnet; Schweben durch ferne Galaxien muss sich so oder so ähnlich anfühlen. Hier geht es, wie auch bei den anderen Stücken, nicht um rasante Solo-Licks, die dann anerkennend beklatscht werden; im Vordergrund steht das Klang-Gemälde, das tief unter die Haut geht. Auch das barock angehauchte Folgestück „Ein Lächeln“, mit Breaks und Drum-Fills, erklingt einfach nur harmonisch rund und schön – durchaus mit der Qualität, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern!
Mit „Falling Stars“ geht die Reise weiter – durch Flügelhorn/Cello-Zweistimmigkeiten, zarte Melodien mit strahlender Aufbruchstimmung, treibende Beats zur Auflockerung und ein flächig sehnsuchtsvolles Piano-Solo. Wieder gelandet, verliert Stockhausen ein paar Worte über das Weltall, wo sich die nächste Galaxie Andromeda zweieinhalb Millionen Lichtjahre entfernt befindet. „Wir bewohnen lediglich die kleine Erde! Bewahren wir sie in Frieden“, lautet Stockhausens Wunsch. Beifall aus dem Publikum, welches Stockhausen schon längst erreicht hat. „Warmlicht“ kommt im Dreier-Takt daher, mit Piano eingeleitet, gefolgt von einer wunderschönen Flügelhorn-Melodieführung, umspielt mit zart gestrichenen Cellonoten. „Better World“ ziert das Finale eines großartigen Konzertes, nicht ohne der Zuversicht Ausdruck zu verleihen, dass diese bessere Welt in kosmischen Dimensionen gute Entwicklungsaussichten in sich birgt. Ein orientalisch anmutendes gezupftes Cello-Solo, mit Akkorden garniert, gibt das wohl jazzigste Stück des Abends, bei dem sich das „Blech“ weit in den High Note-Bereich hochschraubt. Den Zugabe-Wünschen kommen die vier sympathischen Herren mit „Encoeur“ gerne nach und runden damit eine Phantasiereise besonderer Art ab.
Bernd Epple
Portraits von Markus Stockhausen