Modern Standards Supergroup bei der jazzopen Stuttgart 2022

Bill Evans, sax
Randy Brecker, tr, flh
Nils Lan Doky, p
Linley Marthe, b
Billy Cobham, dr

Stuttgart, 10.7.2022

Große Namen – Große Töne

Mit der dem Bandnamen MODERN STANARDS SUPERGROUP klingelt es beim gewöhnlichen Jazzliebhaber kaum, bei Bill Evans (64), Randy Brecker (77) oder Billy Cobham (78) fällt der Groschen jedoch sofort. Diese drei Herren reiferen Alters mit kaum zu übertreffender Spielkunst bilden zusammen mit Nils Lan Doky (Piano) und Linley Marthe (E-Bass) diese „Supergroup“. Dass es dem Veranstalter der Stuttgarter Jazz Open gelungen ist, diese alten Haudegen des Jazz über den großen Teich zu locken, verdient allen Respekt. Schon bevor die Herren die Bühne betreten, fällt der Blick auf Billy Cobhams Drumkit mit fünf Hängetoms und zwei Basedrums. Auch wenn sonst meistens gilt: Je kleiner das Drumset, desto besser der Drummer, darf man das in diesem Fall getrost vergessen. Bereits bei der zweiten Nummer liefert Cobham den Beweis und sorgt mit einem Drumsolo für offene Münder und klatschende Hände. „Da gehört einfach jeder zu den Besten seines Fachs“, hört man in den Zuschauerreihen des ausverkauften Alten Schlosses jemanden zu seinem Nachbarn flüstern. Gut erkannt! Denn auch Brecker greift herzhaft in die Ventile und das erste Sax-Solo Evans‘ ist erster Güte. Es scheint, als seien ihm keinerlei Grenzen gesetzt. Später lässt er seiner Kanne ekstatische Schreie entweichen und scheint dabei seine Seele von innen nach außen zu stülpen. Das Pingpongspiel von Trompete und Sax wirkt, als hätte jeder der beiden Maestros eine noch bessere Antwort auf den brillanten Aufschlag des Spielpartners. Dabei sind die beiden Blasmusiker, wie auch der Trommelzauberer witzig und dennoch bescheiden in ihren Wortbeiträgen: „Hier sein zu dürfen ist für uns die ultimative Auszeichnung“, lässt Cobham wissen und man nimmt es ihm ab.

Da gehört einfach jeder zu den Besten seines Fachs

Wenn auch ein paar Jährchen jünger, stehen die beiden ergänzenden Spielkameraden der älteren Generation in nichts nach. Linley Marthy (50), der wilde Basser aus Mauritius spielt auf einem abgenudelten Klangholz und entlockt diesem Sounds in bester Jaco Pastorius – Manier. Mit seinen Wah-Wah-Effekten setzt er noch eins drauf und dringt in das Reich der extraordinären Gitarrensoli ein. Grandiose Pianosoli des, von der dänischen Königin zum Ritter geschlagenen Lan Doky (59) lassen erkennen, wofür er die Auszeichnung bekommen hat. Der Musiker, Arrangeur, Komponist und Produzent hat großen Anteil am Geamtklangkörper. Zurecht nannte ihn die internationale Presse „den besten Pianisten seiner Generation“.
Bei den Stücken, die an diesem Abend zu hören sind, handelt sich es vorwiegend um jazzige Interpretationen zeitgenössischer Interpreten wie Shakira oder Taylor Swift. Doch dabei ist man so weit vom Original weg, dass das für die Jazzfans eigentlich keine Rolle spielt, welche Popsternchen den Impuls gegeben haben. Zum Schluss gibt es verrückte Ausflüge in die unendliche Klanggalaxie, die von Bass und Drums angeführt, „back down to earth“ zu einer Punktlandung führen. Das begeisterungstobende Publikum wird vom sympathischen Quintett selbstverständlich noch mit einer knackigen Zugabe belohnt.

Bernd Epple

Portraits von Bill Evans

Portraits von Billy Cobham

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