Joey Calderazzo Trio feat. Miguel Zenón im Jazzclub Bix Stuttgart 2023

Joey Calderazzo (p)
Orlando Le Fleming (b)
Donald Edwards (dr)
Miguel Zenón (sax, fl)

Stuttgart, 2.11.2023

Lob der Premiummarke: Joey Calderazzo im Bix

Wieder mal ein Konzert erster Güte im Stuttgarter BIX. Am 2. November 2023 zu Gast ist das Joey Calderazzo Trio, mitgebracht haben sie den Saxofonisten Miguel Zenón. Schaut man mal so nach, mit welchen Kollegen diese Musiker in den letzten Dekaden im Studio und auf der Bühne standen, kommt man auf eine beachtlich lange Liste. Und weil Namedropping zum Jazz dazugehört wie die schnippenden Finger, hier ein Auszug: Michael Brecker, Bob Belden, Bob Mintzer, Bob Moses, Arturo Sandoval, Vincent Herring, Eugene Pao, Jeff „Tain” Watts, Branford Marsalis, Ray Barretto, David Sánchez etc. etc. Zenón hat in den folgenden gut 2 Stunden reichlich Gelegenheit, sein überragendes Können unter Beweis zu stellen. Mit dem Bandleader als musikalischem Ping-Pong-Partner und einer so elegant wie lässig swingenden Rhythmusgruppe sorgte er für nicht wenige packende Höhepunkte.

Das erste Set beginnt vom Start weg mit viel Raum und Freiheit für das Saxofon, bevor der Pianist übernimmt. Donald Edwards zeigt Beweglichkeit und Raffinesse am Kit, sein Spiel mündet in einer dynamischen Solopassage. Die folgende entspannte Latin-Variation mit melancholischem Thema nutzt Joey Calderazzo für eine ausführliche Präsentation seines Spiels, das anschließende Saxofon-Solo bringt schön gesetzte Lines mit gelegentlichen Hochgeschwindigkeitsausbrüchen. Bluesiger geht es auch, Zenóns Solo-Einstieg mit reichlich rhythmischem Verve nimmt das gut angewärmte Publikum mit, der Drummer spielt auf dem Höhepunkt der Nummer saftige Licks und Calderazzos folgendes Solo swingt mächtig, bevor Bassist Orlando Le Fleming den Temperaturregler mit seinem geschmackvollem Bassolo wieder etwas herunterdreht. Mit einem soulig inspirierten funkybeat und gefühlvollen Tönen geht es in die Pause.

Das Publikum, wie gebannt

Eine swingende Nummer eröffnet das zweite Set, Miguel Zenón entfaltet sich lyrisch. Dramatische Rolls auf den Toms liegen unter den Synthie-Flächen des nächsten Stücks, das sich zunehmend dichter und komplexer entwickelt, bevor es mit einer repetitiven Figur auf dem Keyboard ausklingt. Höhepunkt des Abends aber ist die anschließende Ballade, berückend schön und sehnsuchtsvoll die Atmosphäre. Getragen durch den minimalistischen Puls von Bass und Drums führen Saxofon und Piano das Publikum in eine tiefe Trance, der begeisterte Applaus stellt sich dementsprechend erst langsam nach den letzten Tönen ein. Fantastisch, meisterhaft. Zwei Stücke noch spielt das Quartett: El Nino, von Calderazzo einst für Michael Brecker geschrieben, featured neben den Solisten nochmals die Skills von Drummer Donald Edwards. Die Zugabe, ein heiter grundierter Swing, schließt diesen genussreichen Konzertabend ab.  

Ganz zum Schluss lobt Calderazzo noch das Bix (great club!), die Stadt (great city!) und das Signature-Produkt der selben (great cars! I drive one of the cars from that city!), womit sich Rückschlüsse auf die offenbar gutsituierten Verhältnisse eines hervorragenden New Yorker Jazzmusikers förmlich aufdrängen.

Wolfgang Fricke

Portraits von Joey Calderazzo

Portraits von Miguel Zenon