JazzTimeBB mit Wes Montgomery & more in der Kongresshalle Böblingen 2023

Werner Acker – Gitarre
Andreas Francke – Saxophon, Klarinette
Tilman Jäger – Piano
Judith Goldbach – Kontrabass
Herbert Wachter – Schlagzeug

Böblingen, 17.11.2023

Die brave Oktave – und ihre Entfesselung

Die Oktave ist nicht das beliebteste Intervall bei den Jazzern, doch der US.amerikanische Gitarrist Wes Montgomery, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, betrachtete dies wohl als Herausforderung, gerade dem etwas langweiligen Oktavintervall ungeahnten Glanz zu verleihen. Auch deshalb gilt er als Erneuerer des Jazzgitarrenspiels, indem er ganze Oktavketten mit dem Daumen anschlug und ihnen „Leben“ einhauchte. Für Pianist, Arrangeur und Komponist Tilman Jäger von der Böblinger JazzTime, Grund genug, auf Werner Acker (Gitarre) zu zugehen, um mit ihm, Bassistin Judith Goldbach, Saxophonist Andreas Franke und Herbert Wachter an den Drums ein musikalisches Geburtstagsfest zu feiern.

Wes Mongomery &more war die Veranstaltung überschrieben, die am 17. November vor vollem Haus im Württemberg-Saal der Böblinger Kongresshalle stattfand. Mit „Sundown“ swingte sich die Formation ein. Der Reihe nach gaben Acker mit typischen Wes-Licks, Franke mit butterweichem Altsaxophon, und die kreative Rhythmusgruppe Jäger/Goldbach/Wachter ihre Visitenkarten ab und deuteten unaufgeregt an, was man an diesem Abend noch erwarten durfte: Relaxter Swing, der schon bei „Mr.Walker“ mit einer leichten Samba-Note gewürzt wurde, was in den Stuhlreihen das Stillsitzen bereits ein bisschen erschwerte. Bei „Four On Six“, einer Wes-Komposition mit zu vielen Noten (kaiserliches Wort an Mozart), blitzte das „Summertime“-Motiv hervor und Wachters vertrackte Drum-Figuren konnten bei rhythmuskundigen Gästen durchaus Zungenschnalzer hervorkitzeln. Mit Jimmy Van Heusens „Polkadots And Moonbeams” kehrte man zu einer entspannten Ballade zurück und durfte weiteren „geordneten“ Wes-Nummern lauschen, wie es eine Besucherin ausdrückte.

Die Stunde des Werner Acker

Von da an schlug die Stunde des Werner Acker, der mit einer ersten Eigenkomposition, „Wes Like“ eindrucksvoll auf seine Kompositions- und Spielfähigkeiten hinwies. Mit einer weiteren Nummer aus seiner Feder ging es nach der Pause weiter. Das knackig groovende „Keep It Simple“ aus Ackers „Roots Vol II“-Album war ebenfalls mit brillantem Oktavspiel versehen und alles andere als „simple“ – dafür mit hohem Spaßfaktor. Die darauffolgenden Montgomery-Nummern wurden immer wieder von herzerfrischenden „Ackern“ (oder Äckern?) unterbrochen, besser gesagt, ergänzt. Da gab es reichlich Raum für Jägers bestechend perlende Piano-Ausflüge, Goldbachs souveräne und kreativ-melodiöse Spielweise oder auch mal eine warmklingende Klarinette zum Son-Groove. Franke zeigte im Übrigen, dass nicht unbedingt die Aneinanderreihung von Highnotes den „Advanced Saxophone Player“ ausmachen, sondern vornehmlich Klangfarbe und kreative Skalen. Er und Acker spielten sich solistisch immer wieder die Bälle zu, die vom Mitspieler gerne aufgenommen und treffsicher verwertet wurden. Insgesamt ein rundes „Laid Back“-Konzert, das auch Mongomery gefallen haben dürfte. Dem Applaus nach erreichte es jedenfalls die Besucher, die auch nach zwei Zugaben kaum genug kriegen konnten.

Bernd Epple

Portraits von Werner Acker

Portraits von Andreas Francke

Portraits von Tilman Jäger

Portraits von Judith Goldbach