Donny McCaslin bei der jazzopen Stuttgart 2019

Donny McCaslin mit Band bei der jazzopen Stuttgart 2019 im Jazzclub Bix

Donny McCaslin, sax, voc
Jeff Taylor, g, voc
Jason Lindner, keys
Tim Lefebrve, b
Zach Danziger, dr

Stuttgart, 13.7.2019

Anabole Steroide 

Soviel Druck, so viele Töne im Bix. Als erster Teil des Doppelfeatures mit dem Delvon Lamarr Orgel-Trio spielte Donny McCaslin mit Band zum Abschluss der jazzopen. Das Line-Up liest sich opulent: Saxofonist Donny McCaslin, Keyboarder Jason Lindner, Bassist Tim Lefebrve, Gitarrist und Sänger Jeff Taylor und Drummer Zach Danziger sind keine Unbekannten und haben sich ihre Meriten schon in vielerlei Projekten verdient. Die Mitarbeit McCaslins an David Bowies letztem Album Blackstar wird in der Ankündigung besonders herausgestellt.

Zwar drückt es schon zu Beginn literweise Testosteron ins Publikum, als Donny McCaslin mit Band den Abend mit einer druckvoll-rockigen Nummer eröffnet. Indes, zünden will die Melange aus Pop, Electronica, Jazz und Rock irgendwie nicht so recht. Streckenweise zu kopfig, zu gewollt und stilistisch merkwürdig unentschieden wirken die vorgestellten Nummern.

Dabei haben alle Bandmitglieder musikalisch gesehen ordentlich was auf dem Kerbholz. McCaslins expressives Spiel kitzelt die Nerven angenehm. Zach Danziger zuzuhören und zu -sehen ist ein Genuß, wenn man ein gutes Pfund verträgt. Lefebrve spielt auf den Punkt und führt seine solistischen Fähigkeiten mit Einsatz von Sequenzern und ausdrucksvollem Akkordspiel vor. Jason Lindner holt spannende Flächen und Ostinato-Patterns aus seinen Keyboards und zündet deftige Elektrogewitter. Jeff Taylors Qualitäten an der Gitarre und am Mikro sind über jeden Zweifel erhaben. Doch, all das macht Spaß.

Aber zusammenwachsen will´s nicht so recht. Was ist es, was will es sein? Art Rock? Punkjazz auf Steroiden? Nerds, die sich vorgenommen haben, jetzt mal richtig einen draufzumachen? Der Autor ist ratlos und erinnert sich lustigerweise an eine legendäre Aussage John Peels, BBC-Moderator, zur Musik des Artrock-Trios ELP: „Eine tragische Verschwendung an Zeit, Talent und Strom“. Und auch, wenn diese Musik vermarktet werden will, sind die überpräsenten Verweise auf die Kollaberation mit David Bowie, bei allem Respekt vor dessen Kunst, etwas anstrengend. Letztendlich aber hat McCaslin mit diesem Programm sein unüberhörbar begeistertes Publikum, und darum geht es.  

Look Back in Anger, eines von Bowies Stücken, ist die Zugabe. So schlimm ist es nicht, der Autor ist weit entfernt davon, mit zornigen Gefühlen auf diese Konzert zu schauen. Aber vielleicht liegt die Antwort auf die – ganz persönliche – Bewertung in einer Frage: What about the Body? So heisst der Opener des hier besprochenen Gigs, und irgendwie war´s zu verkopft. 

P.S.: Beim großen Filmchenzeigeportal gibt es ein NPR Music Tiny Desk Concert mit Donny McCaslin und Band. Kleines Besteck, Mini-Schlagzeug. Ohne Gitarre und Gesang. Direkt, kraftvoll, ausdrucksstark. Mal hinsurfen: Viiiel besser.    

Wolfgang Fricke

Unser Konzertbericht vom anschließenden Konzert mit dem Delvon Lamarr Organ Trio im Jazzclub Bix

Portraits von Donny McCaslin

Portraits von Jeff Taylor

Portraits von Jason Lindner

Portraits von Zach Danziger