Dizzy Krisch Projekt beim Landesjazzfestival Tübingen 2024

Dizzy Krisch – Vibraphon, Electronics
Dieter Schumacher – Schlagzeug
Jochen Feucht – Flöte, Sopransaxophone
Bernhard Hurm – Sprache

Tübingen, 19. Mai 2024

Dizzy Krisch betritt neue Ufer

Zum Tübinger Landesjazzfestival hat sich Dizzy etwas Besonderes ausgedacht. Mit „Der Klang des Flusses“ war das Konzert des Vibraphon-Meisters im Tübinger ev. Stift überschrieben.

Für die Premiere dieses einzigartigen Projektes am 19. Mai hätte man sich kaum einen besseren Ort aussuchen können als das evangelische Stift am Fuße des Tübinger Schlosses. In dessen Kapelle sollten Friedrich Hölderlins Flussgedichte zum Klingen gebracht werden. Hölderlin (1770 – 1843) verbrachte schließlich seine zweite Lebenshälfte in der Universitätsstadt und lebte in einer Turmstube oberhalb des Neckars, heute als Hölderlinturm bekannt. Dizzy Krisch holte sich mit Dieter Schumacher (dr) und Jochen Feucht (fl, ss) 2 Musiker an Bord, die sich ganz in den Dienst der Lyrik stellen konnten, die von Bernhard Hurm, einem Schauspieler des Theaters Lindenhof vorgetragen wurde. Entstanden ist eine Live-Collage aus Musik, Sprache und Sounds. Eine Fähre, die Zeiten und Räume durchmisst. Rhein, Donau, Neckar und Garonne werden zu Symbolen für Leben, Begegnung, für Miteinander und Überwindung von Grenzen. Sprachlich keine leichte Kost mit der sich die Besucher auseinanderzusetzen hatten, waren Hölderlins Gedanken vor über 250 Jahren schon alles andere als Mainstream. Der Dichter verhielt sich bisweilen sehr befremdlich und in geradezu schauspielerischer Weise „verrückt“, was ihm ärztlicherseits auch attestiert wurde. In Sprache, Mimik und Gestik Hurms blitzte das auch immer wieder eindrucksvoll durch. Schumacher arbeitete effektvoll mit allerlei perkussivem Material, das Vibraphon produzierte passgenaue Klangflächen oder rasende Soli, wo sie angezeigt waren. Feucht umspielte die Texte vorwiegend mit Querflöte oder griff zum Sopransaxophon, mit dem er strahlende Glanzpunkte setzte.

Dizzy selbst ist ein experimentierfreudiger Musiker

Bereits in den 70er Jahren gab es Jazz & Lyrik mit Michael Naura (p), Wolfgang Schlüter (vib) und dem Poeten Peter Rühmkorf. Diesem Genre wurde, damals wie heute, nicht allzu große Beachtung geschenkt, vermutlich weil die Spuren der dichterischen Hirnwindungen nicht immer leicht zu verfolgen sind. Wer es jedoch versteht, sich diesem, bisweilen schwer zugänglichen, Genre zu öffnen, wird ganz neue horizonterweiternde Erfahrungen machen. Die Resonanz auf diese Melange in der ausverkauften Kapelle zeigte, dass man es mit einer offenen Zuhörerschaft zu tun hatte. Dizzy selbst ist ein experimentierfreudiger Musiker, den die Neugierde stets nach neuen Ufern treibt. Der Erfolg beim Jazzfestival gibt ihm recht und Jazz ist eben nicht gleich Jazz!

Bernd Epple

Portraits von Dizzy Krisch

Portraits von Dieter Schumacher

Die Konzerte des Landesjazzfestival Tübingen 2024