Magnus Mehl Quartett als Trio im Club Voltaire Tübingen 2024

Magnus Mehl, sax
Dietmar Fuhr, b
Ferenc Mehl, dr

Tübingen, 17.1.2024

Gugga, wie‘s wird… Das Magnus Mehl ‘reduced’ Quartett im Club Voltaire

Kommt er oder kommt er nicht? – Die Brüder Magnus und Ferenc Mehl zusammen mit Dietmar Fuhr, ihrem Bassisten und dem Jazzclub – Vorsitzenden Martin Trostel, schauen abwechselnd auf Uhr und Mobiltelefon. Irgendwann aber ist es klar: Trompeter Christian Mehler sitzt aufgrund eingefrorener Lok oder Oberleitung in Mannheim fest und kommt von dort auch nicht mehr weg an diesem Abend. Das heißt, im Club Voltaire steigt statt des Quartetts ein Trio auf die Bühne, das nach kurzer Lagebesprechung in das aktuelle Programm ‘Upside Down And In Between’ startet.

Es gibt keinen deutlicheren Kontrast zu Eis und Schnee auf Schiene und Straßen als das wunderbar wärmende und melodische Kontrabassintro, das in eine sonnig – verführerische Hommage an den Stadtteil Queens mündet. Hispanic Harmonies und furioses Saxofonsolo inclusive. Eigentlich ist die Idee eines solchen Quartetts, ohne Piano oder Gitarre, eine sehr transparente Musik zu kreieren und zu präsentieren.  Auf ein Trio reduziert wird dieses Konzept noch radikaler. Heißt, die drei sind eigentlich pausenlos gefordert, in ständiger Interaktion, können sich nie ‘verstecken ´, alles noch unmittelbarer und konzentrierter noch als zu viert. „Wie machen wir das mit dem Solo?“  – fragt zwischen zwei Stücken Bassist Dietmar Fuhr, und Magnus Mehl antwortet auf schwäbisch: „eifach immer spiela…“ lacht und man weiß nicht so recht, meint er den Bassisten oder sich selbst. Rotzig – rau röhrt sein Saxofon in ‘Punchline’. Ein Powersong von der der aktuellen CD. Bebop Phrasen, Exkurse ins Freie, dann Reduktion von Lautstärke, Tempo und Energie bis zur fast – nicht – mehr – Hörbarkeit, und um schließlich wieder zu erstehen, im Anfangsthema.

Rasende Improvisationen und mäanderartige Melodiebögen

Die beiden Brüder Ferenc und Magnus Mehl zusammen mit Dietmar Fuhr sind erfahrene, vielfach ausgezeichnete Musiker. Sie vereinen Erfahrung und Routine mit frischem und ideenreichem Spiel und vielschichtigen Kompositionen. Rasende und wirbelnde Improvisationen wechseln mit weiten mäanderartigen Bögen. Es gibt Passagen, in denen meint man, die Stille des Waldes oder das Atmen eines großen Tieres zu hören. Dann wieder brüllt heiser das Saxofon, um im nächsten Moment verführerisch und eindringlich durch eine wundervolle Ballade zu leiten. Ferenc Mehl am Schlagzeug treibt, beschleunigt und verzögert ob mit Drumsticks oder Besen, er swingt, bremst oder bricht zur eigenen Soloexkursion auf. Dietmar Fuhrs Bass pulsiert, mal warm, voll und melodiös, dann wieder leise, mit Bogen gespielt, feine Flageolettöne. Für alle drei gilt gleichermaßen, ihre individuelle solistische und klangliche Klasse ist kein effekthascherisches Schaulaufen, sondern Teil eines kollektiven Gesamtklangs, in den sie immer wieder zurückfinden.

Fast alle Stücke dieses Abends und auch des aktuellen Albums hat Magnus Mehl komponiert. In der Musik swingt New York und New Orleans, hören wir Bebop, Wayne Shorter und europäische Einflüsse. Die Stücke machen die Fenster ins Freie weit auf und nehmen uns mit, wohin auch immer wir uns vorstellen wollen. ‘Mind Travels’ heißt das letzte Stück, in dem wunderbare Klangschattierungen und fast zartes Bluesfeeling Reisebegleiter sind.  Wie das geht, so kurzfristig von einem Quartett auf ein Trio reduziert ein doch recht komplexes Programm zu spielen? – ‘mir guggad, wie’s wird…so wie im Jazz üblich… ‘ hat Ferenc Mehl lachend geantwortet.

Tom Hagenauer

Portraits von Magnus Mehl

Portraits von Ferenc Mehl

Portraits von Dietmar Fuhr