Konzerte

Gismo Graf Trio feat. Cheyenne in der Alten TÜV-Halle Böblingen 2025

Gismo Graf – Sologitarre
Joschi Graf – Rhythmusgitarre
Cheyenne Graf – Vocal
Joel Locher – Kontrabass

Böblingen, 8.8.2025

16 Saiten, 30 Finger und unzählige Noten

Das Gismo Graf Trio gibt mit Gypsy Swing beim Sommer am See Vollgas. Mit staunenden Blicken und Beifallsstürmen wird die Saitenarbeit der „Speedkings“ honoriert

Sechs Jahre mussten viele der rund 160 Besucher warten bis eine der weltweit führenden und frischesten Gypsy Jazz Formationen am Freitagabend wieder die Bühne der Alten TÜV Halle betrat. In der Zwischenzeit war der 32-jährige Gismo Graf, das einstige Gitarren-Wunderkind, viel und weit unterwegs. Er leitete einen Gitarren-Workshop in San Francisco, spielte bei einem Festival in Seattle und beglückte die europäische Gypsy Swing Gemeinde mit rasanter Fingerfertigkeit und innovativem Gitarrenspiel. Sein Instrument hatte er als Kind von Papa Joschi gelernt, der heute der Rhythmusgitarrist seines Trios ist. Er hörte schon damals die Django Reinhardt Platten rauf und runter und brachte sich dank seines ausgezeichneten Gehörs alles selbst bei. Noten lesen? Fehlanzeige!

Vor 15 Jahren taten sich die „Grafen“ mit dem viel gefragten Kontrabassisten Joel Locher zusammen, der wie die Sinti-Familie ebenfalls aus Stuttgart stammt. Dieser Zug war zweifelsohne ein Volltreffer, denn auch Locher beherrscht die Fingerjagd über seine vier Kontrabasssaiten wie kaum ein anderer.

Nun also Alte TÜV Halle. Mit „Skizzo“, einer Komposition Gismos, geht die Formation umgehend in die Vollen, so dass bei diesem Auftaktstück bereits die ersten Bravo-Rufe aus dem Publikum zu hören sind. Dass der legendäre Django Reinhardt (1910-1953), der als Begründer des europäischen Jazz gilt, sein großes Vorbild ist, ist bei jedem Gitarrenriff spürbar – wenngleich Gismo längst seinen eigenen Spielstil entwickelt hat. Auch outet er sich nicht als Gypsy Swing-Purist, sondern verleiht im Laufe des Programms Welthits wie „Englishman in New York (Sting), „Sir Duke“ (Stevie Wonder) oder „Liberian Girl“ (Michael Jackson) seine eigene Note.

Sahnehäubchen

Zu Jazzstandards wie „I’ve Got Rhythm” „Take the A Train“ und „Lullaby of Birdland“ bittet Gismo seine drei Jahre jüngere Schwester Cheyenne auf die Bühne. Mit wunderbar swingender Stimme setzt sie dem ohnehin grandiosen Vortrag des Trios noch ein Sahnehäubchen auf. Besonders bei „I’ve Got Rhythm“ glänzt sie mit Scat-Phrasen; unisono mit den Gitarren-Licke ihres Bruders. Schließlich hat es im Programm noch Platz für Stücke, die vokal von Papa Joschi („mer ham Sinti“) und Cheyenne („djane du ga“) präsentiert werden.

Vielseitigkeit und „Vielsaitigkeit“ sind Trumpf an diesem lauen Sommerabend. Natürlich greift man auch noch in die „Django Reinhardt-Kiste“ und Gismo erweist sich nicht nur ein blendender Gitarrist und Entertainer, sondern steuert neben „Skizzo“ mit „Festival Django“ noch eine weitere Eigenkomposition im Bossa-Stil bei. Die gelöste Stimmung katapultiert das Publikum dabei nahezu an die Copa Cabana mit einem Glas Caipirinha in der Hand. Entspannt geht es auf der Bühne ohnehin zu. So stellt Gismo seinen Vater als langjährigen „Arbeitskollegen“ vor. Dieser revanchiert sich am Ende und nennt Gismo seinen „Arbeitgeber“ und „vielleicht auch seine Altersversorgung“.

Ganz erstaunlich präsentiert das Trio komplizierteste Riffs mit Flageoletts, ineinanderfließende Solo- und Akkordverbindungen, temporeich mit einer unglaublichen Leichtigkeit, was bei manchen Besuchern bewunderndes Kopfschütteln hervorruft. So auch bei Stefan Schaich und seiner Lebensgefährtin Angelika Selg aus Böblingen. “Als Gitarrist musste ich fast weinen ob dieser Klasse. Ich liebe ihren Gypsy-Jazz! Der Bassist war ebenfalls überragend und die ganze Graf-Familie toll aufeinander abgestimmt!“. Fazit: Das Trio spielt keine Musik – es ist Musik, die aus jeder Pore herauszudringen scheint!

Gelegenheit den Gitarrenzauberer Gismo in dieser Region nochmals zu erleben, wird es am 18.12. beim Herrenberger Weihnachtszirkus geben. Dort mit Orchester und Schauspieler Dietmar Wunder.

Bernd Epple

Portraits von Cheyenne Graf

Portraits von Gismo Graf

Portraits von Joschi Graf

Portraits von Joel Locher