Konzerte

Philip Catherine & Martin Wind im Pappelgarten Reutlingen 2025

Philip Catherine, git
Martin Wind, bass

Reutlingen, 26.3.2025

Heitere Saitenmalerei

Magie und wahre Meisterschaft – das kennzeichnete diesen Abend im Pappelgarten. Philip Catherine, einer der renommiertesten europäischen Jazzgitarristen, hatte – nicht zum ersten Mal in seinem langen Berufsleben – wieder Station in Reutlingen gemacht und tatsächlich kam er auch wieder mal zusammen mit seinem langjährigen Duopartner, dem Bassisten Martin Wind. So familiär und unkompliziert sich – Künstler und Publikum – in diesem Wohlfühlort Pappelgarten, irgendwo im Nirgendwo außerhalb von Reutlingen, zu fühlen schienen, so präsent, präzise und einfühlhaft war die Musik und so aufmerksam und von großem Respekt geprägt waren die Besucher*innen.

Von der ersten Note, vom ersten Akkord, vom ersten Song an war er da, der Philip Catherine – Klang. Jeder einzelne Ton ausgestaltet, ja modelliert, so beginnt die Musik in  ständig changierenden Klangfarben zu fließen, den Saal zu füllen, durch die Jazzgeschichte zu wandern. Ein Swing, der sich ganz sacht und langsam einschwingt. Scharf akzentuierte Soloparts auf den harten Stahlsaiten, in den hohen Lagen, leicht melancholische Melodien und Harmonien voller Wärme, Philip Catherine macht deutlich, welch eine Zeitspanne, aber auch welche stilistische Vielfalt seine Musik umfasst.

New Django – Jazz mit europäischen Wurzeln

Ganz wunderbar das Zusammenspiel mit Martin Wind mitzuerleben. Der ist alles andere als Begleiter. Er schafft eine verlässliche, dennoch lebendig pulsierende Basis für die solistischen Exkursionen für Catherine an der Gitarre, ist aber immer gleichrangiger Duopartner, der sich immer wieder abwechselt mit den Soloparts. New Django wurde Philip Catherine damals, bereits in den frühen 1960er – Jahren zu Beginn seine Karriere genannt. Er galt und gilt bis heute als einer, dessen Swing sich unter anderem an Django Reinhard orientierte (beide haben in Belgien gelebt) der – ohne Missachtung der afro – amerikanischen Roots – seinem Jazz eine eigene, vor allem aber auch europäische Note beimischte.

Heute ist Philip Catherine 82. Es entsteht im Publikum fast ein bisschen was wie Ehrfurcht, wenn er von einer Aufnahme erzählt, die er (vor Jahrzehnten) damals mit Dexter Gordon und Niels-Henning Ørsted Pedersen in Kopenhagen gemacht hat. Und dann sagt er, dass sie gleich – hier heute im Pappelgarten – einen dieser Songs von damals spielen, jetzt zu zweit; ‚Fried Bananas‚ heißt er und legt ein flottes Tempo vor. Philip Catherine spielte in den 70ern bei ‚Pork Pie‚, in einer ziemlich elektrisierenden Band mit Jasper van`t Hof und Charlie Mariano. Zu dritt sind sie auch in einer akustischen Version unterwegs. Catherine spielte mit Stéphane Grapelli oder hat beachtenswerte Duo – Produktionen mit Larry Coryell veröffentlicht, zuletzt 2022 beim renommierten Label ACT. Dort ist 2014 auch das Album New Folks erschienen, die Duo – Platte mit Martin Wind, die jetzt in einer neuen Auflage 2025 noch einmal live zu hören ist. Philip Catherines Musik und sein Sound, das ist ein Konzentrat von fast 70 Jahren Jazzgeschichte. Er ist in allen Stilen zuhause und trotzdem ist sein Ton bis heute unverwechselbar, genauso sind es seine Harmonien.     

Romantiker mit Humor

An dieser Stelle ein kleiner Einschub und damit auch die Würdigung von Tobias Festl und seinem Pappelgarten Team. Bei diesem Konzert wurde – wieder mal – deutlich, dass diese Atmosphäre, dieses Konzert eine ganz Besondere ist, prädestiniert dafür, dass hier seelenverwandte Menschen aufeinandertreffen. Festl, selbst Musiker und seit Jahrzehnten als Veranstalter mit reicher Erfahrung und besten Kontakten, schafft es immer wieder, solch hochkarätige Künstler nach Reutlingen zu bringen. In seiner schnoddrig-bayerischen Art erfährt das Publikum fast beiläufig, dass das Catherine/Wind – Duo schon eine längere Geschichte in Reutlingen hat. Denn tatsächlich hatte hier der allererste Live – Konzert dieser Formation stattgefunden, damals 2014, bei der Veröffentlichung dieses New Folks – Albums.  

Im Pappelgarten 2025 hören wir diesen Swing wieder, hören wir Europa und Amerika, manchmal sind die Melodien und die Improvisationen immer leiser und behutsamer, verschwinden fast in einer `Kaum – Nicht – Mehr – Hörbarkeit`. Aber die  die Schwingungen bleiben im Saal, bleiben spürbar. Das Publikum, gebannt, verzaubert und hellwach. Und beim nächsten Song ist die Gitarre dann rough, verzerrt, Blues. Elektrisch. Großer Genuss, das alles. Philip Catherine bewegt sich vorsichtig und langsam über die Bühne, Finger und der Geist sind beweglich und hellwach. Er ist ein Romantiker und er ist voller Humor. Als der Pappelgarten Veranstalter im zweiten Set vorsichtig Richtung Bühne nach vorne kommt und signalisiert, die Gitarre sei jetzt vielleicht ein bisschen leise, meint Philip Catherine trocken, `dann dreh ich doch den Lautstärkeregler an…` um dann – sicher einer der Höhepunkte des Konzertes, – `Janet` anstimmt. Eine gefühlvolle, wunderschön – harmonische und schwebend dahinfließende Komposition, gewidmet einem neugeborenen Kind. Dieses Duo mit Philip Catherine und Martin Wind das ist Musik, die es schafft, leichte Melancholie mit Leichtigkeit zu verbinden, Musik die einen wunderbar beschwingt in die Nacht, in die Welt und nachhause geleitet.  

Tom Hagenauer

Portraits von Philip Catherine

Portraits von Martin Wind