Konzerte

Peter Lehel Quartet in der Zehntscheuer Schönaich 2025

Peter Lehel – Sax & Composition
Ull Möck – Piano & Fender
Dirk Blümlein – Bass
Jakob Dinnebier – Drums

Schönaich, 18.10.2025

Unter die Haut gehender Jazz ohne technischen Schnickschnack

Das Peter Lehel Quartet ehrt den Schriftsteller Paul Auster mit jazzigen Noten in der gut gefüllten Schönaicher Zehntscheuer. Den Veranstaltern der „Jazz in der Zehntscheuer“-Reihe ist einmal mehr ein überzeugender Wurf gelungen.

Es hat sich unter den Jazzfans herumgesprochen, dass man es sich nicht entgehen lassen sollte, wenn die Kontrabassistin Judith Goldbach zusammen mit der Musikschule Schönaich mit Jazz vom Feinsten auffährt. Das passiert derzeit dreimal jährlich und die Bassistin nutzt ihre Kontakte zur Szene, zu der sie und ihr Mann Andreas Francke letztendlich ja selbst gehören. „Es ist schön, auch mal auf der anderen Seite zu stehen“, sagt sie und meint damit, lauschenderweise im Publikum und nicht auf der Bühne.

Am Samstagabend ist das Peter Lehel Quartet angesagt. 1997 mit dem Jazzpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet, sowie mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik, gehört Lehel längst zur Crème de la Crème der deutschen Jazz-Saxofonisten. Neuland betrat er mit seinen CD-Aufnahmen zu „Paul Auster Jazz“. Inspiriert von den Romanen, Erzählungen und Personen des 2024 verstorbenen amerikanischen Autors, widmet er diesem sein aktuelles Werk.

Ohne viel Elektronik

Lehels Spielkameraden des neu formierten Quartetts haben es ob ihrer Klasse nicht nötig mit viel Elektronik zu operieren. Sieht man mal vom kleinen Hammond – Keyboard Ull Möcks ab, welches er gelegentlich effektvoll einsetzt. Dirk Blümlein spielt seinen E-Bass ohne Effektgeräte am Fuß, dafür melodiös und harmoniebetont. Jakob Dinnebiers Drumset ist mit dem Nötigsten versehen und Peter Lehel braucht weder Hall noch sonstige Effekthaschereien. Allein seine Blastechniken beinhalten zahlreiche Klangfarben.

 „Mr. Vertigo“ eröffnet den bunten Reigen. Zu Beginn ein lyrisch-flächiges Piano/Bass Intro von Möck und Blümlein, bevor Lehel mit warmem Tenorsax-Ton und einer Lehel-typischen Phrasierung dazu stößt. Dinnebier an den Drums sorgt im weiteren Verlauf für die rhythmische Würze. Die musikalische Umsetzung Austerscher Gedanken ist auch in den Folge-Nummern hörbar, nicht zuletzt, weil Lehel in seinen Anmoderationen erklärt was den einzelnen Stücken zugrunde liegt. Nach „Kitty Wu’s Moon Palace“, „Quinn“, „Jim Nashe Blues“ und „Blue Smoke In The Face” verabschiedet sich das Quartett kurz vor der Pause jedoch von Auster.

Wie aus dem Nichts auftauchend…

Was bis dahin geschah? Optisch fällt die entspannte, ruheausstrahlende Körperhaltung Lehels und Dinnebiers, sowie die bewegungsreich-mimische und lächelnde Kommunikation zwischen Möck und Blümlein auf. Musikalisch die über die Tasten tanzenden Finger Möcks, die innovativ-harmonische Verbindungen schaffen. Lehel lässt seine „Kanne“ die Geschichten erzählen mit gelegentlichen aufschreienden High Note-Licks, die er spielerisch intoniert. Und dann plötzlich, wie aus dem Nichts auftauchende haarscharfe Unisono-Phrasen der vier Akteure, sowie zwischendurch ein zärtlich bis treibendes Sopransax-Solo. Blümleins facettenreiche melodiöse Basslinien, erinnern bisweilen an den Weather Report- E-Bass-Virtuosen Jaco Pastorius (1951-1987).

Dinnebier stellt sich ganz in den Dienst von Lehels Kompositionen, unaufdringlich, filigran und technisch versiert. Lehel selbst ist mit allen Saxofon-Wassern gewaschen und es gibt kaum Luft nach oben, einfach nur schön mit einer strahlenden Dynamik vorgetragen! Es bleibt nicht bei einer Hommage an Auster; vor der Pause erweist man dem großen Jazz-Saxofonisten John Coltrane (1926-1967) die Ehre. „Trane’s Mood“ beginnt mit Solo-Sax, effektvoll in den aufgeklappten Flügel geblasen. An der Schwebestimmung mit nachfolgender dichter Intensität und Lehels Klappenakrobatik hätte Coltrane vermutlich seine helle Freude gehabt!

In Anlehnung an Coltranes „Naima“ hat Lehel „Anima“ für seine Tochter geschrieben, eine wunderschöne Ballade mit expressivem Piano-Solo. Mit voller Schubkraft beendet „Der Husarenritt“ den rund zweistündigen Konzertabend – fast. Bei soviel Klasse hat das Publikum auch noch ein Wörtchen mitzureden. Den „Celebration Blues“ und „Loosing My Mind“ haben die Vier als Zugaben noch im Köcher. Diese stammen wie alle anderen Stücke aus der Feder Lehels. Mit imposanten Soli lassen sie noch ihre Visitenkarte da und die Besucher werden das Erlebte als Jazz- Abend par excellence abspeichern!

Bernd Epple

Portraits von Peter Lehel

Portraits von Ull Möck

Portraits von Dirk Blümlein