Mulberry Street Symphony mit Koppel, Colley, Blade

Cover der CD Mulberry Street Symphony
Cover der CD Mulberry Street Symphony

BENJAMIN KOPPEL – Altsaxophon
SCOTT COLLEY – Bass
BRIAN BLADE – Schlagzeug
MARTIN YATES – Dirigent
ODENSE SYMPHONY ORCHESTRA
KOMPOSITIONEN VON ANDERS KOPPEL

CD 1
1. STRANDED IN THE STRANGE CITY  11.00
2. MINDING THE BABY  07.37
3. TOMMY THE SHOESHINE BOY  19.54
4. BLIND MAN  06.42
CD 2
1. THE LAST MULBERRY  12.22
2. BANDITS‘ ROOST  18.34
3. THE NEW HOUSE  07.41
4. ENCORE: PUERTO RICAN RUMBLE  09.38

Erhältlich ab 18.2.2022

Das epische Werk für Jazztrio und Orchester erscheint bei Unit Records.

Die umfassende Neuerscheinung Mulberry Street Symphony des dänischen Komponisten Anders Koppel, ist inspiriert von den Fotografien des dänisch-amerikanischen Einwanderers und Sozialreformers Jacob Riis

Der erfolgreiche dänische Komponist Anders Koppel, der in seiner Karriere Theater-, Film- und Ballettmusik sowie über 150 Partituren für verschiedene klassische Ensembles komponiert hat, ehrt mit Mulberry Street Symphony seinen Landsmann, den berühmten Fotografen und Sozialreformer Jacob Riis. Riis, der 1870 aus seiner dänischen Heimat nach Amerika auswanderte, deckte in seinem bahnbrechenden Fotoreportagebuch „How the Other Half Lives“ die schlechten Lebensbedingungen verarmter Einwanderer auf. Inspiriert von Riis’ fesselnden Fotografien schuf Koppel die Mulberry Street Symphony. Das epische Werk in Sieben Sätzen, jeder Satz basierend auf einem Riis-Foto, zeigt das Leben in den Mietskasernen von New York City in den 1880er Jahren. „Das Werk ist eine Hymne auf das Leben und die Träume dieser Menschen“, so der Komponist.

In Koppels Sinfonie für Jazztrio und Orchester (Odense Symphony Orchestra unter der Leitung von Martin Yates) ist der Sohn des Komponisten, der Altsaxophonist Benjamin Koppel, in allen sieben Sätzen die Hauptstimme. Bereichert wird das Werk durch das Weltklasse-Rhythmus-Tandem mit dem Bassisten Scott Colley (Herbie Hancock, Jim Hall, Pat Metheny, Carmen McRae, Andrew Hill, u.a.) und dem großartigen Schlagzeuger Brian Blade (Wayne Shorter,Bill Frisell, Herbie Hancock, Joni Mitchell, Bob Dylan, u.a.). Über das flexible Trio aus Colley, Blade und seinem Sohn Benjamin sagt Koppel: „Mit ihrem tiefen Verständnis für die Musik und ihrer Fähigkeit, den Moment zu erfassen, verschmelzen sie mühelos mit dem Sinfonieorchester und bringen das Werk dorthin, wo die Grenze zwischen Notation und Improvisation verschwindet.“

Benjamin Koppel, Scott Colley, Brian Blade
Benjamin Koppel, Scott Colley, Brian Blade

Indem er die Essenz der eindrucksvollen Fotos von Riis in Musik einfängt, verbindet Koppel geschickt symphonische Elemente mit Jazzimprovisationen und zaubert dabei eine breite Palette von Farben und Stimmungen. „Die gesamte symphonische Partitur ist komplett ausgearbeitet und notiert, aber ich habe nicht so viel für das Trio geschrieben“, erklärt er. „Große Musiker haben fantastische Ohren. Und das wollte ich ausnutzen, indem ich Brian, Scott und Benjamin Freiheit gab, von der ich wusste, dass sie sie ausfüllen und nutzen können. Sie haben meine Vision vollständig interpretiert.“

Als er die Musik für Mulberry Street Symphony zusammenstellt, sagt Koppel: „Ich habe mich von den Riis-Fotos inspirieren lassen, aber mein Ziel war es nicht, eine Art programmatisches Stück zu kompo-nieren. Die Musik hat immer ihre Freiheit, so wie es sein sollte. Sie hat oft ihren eigenen Willen. Mein Ausgangspunkt waren also die Fotografien, aber die Musik hat manchmal die Führung übernommen.“

Dass Koppel, der 1947 in Kopenhagen in eine Musikerfamilie hineingeboren wurde, nun das Erbe des dänisch-amerikanischen Einwanderers Riis in einer Zeit zunehmender Debatten über die wachsende Welle von Flüchtlingen und Einwanderern in der ganzen Welt würdigt, ist für den dänischen Komponisten nicht ganz unbedeutend. „In der Geschichte meiner Familie gibt es zwei Einwanderergeschichten: Erstens kamen meine Großeltern zu Beginn des 20. Jahrhunderts als jüdische Einwanderer aus Polen nach Dänemark. Damals war Polen von Russland besetzt und es gab immer wieder Progrome, so dass sie nach Dänemark flohen und sich dort eine Existenz aufbauten. Und zweitens waren meine Eltern und meine Schwestern während des Zweiten Weltkriegs Flüchtlinge vor Hitler. Als Deutschland 1940 Dänemark besetzte, flüchteten sie nach Schweden. Der Gedanke, ein Einwanderer zu sein, war also immer sehr präsent in meinem Denken. Und heutzutage, in dieser Zeit der Geschichte, ist das ganze Thema der Flüchtlinge, die keine Heimat haben, und der Einwanderer, die verzweifelt versuchen, in andere Länder zu kommen, allgegenwärtig. Es ist ein Chaos und eine Tragödie. Das war also ein weiterer Gedankengang in diesem neuen Werk.“

Komponist Anders Koppel
Komponist Anders Koppel

Anders Koppel, Sohn des klassischen Komponisten und Pianisten Herman D. Koppel, war als Kind Sänger im Kopenhagener Knabenchor und erhielt ab seinem fünften Lebensjahr Klavierunterricht bei seiner Schwester und seinem Vater. Er spielte auch Blockflöte und später Klarinette und hatte als Jugendlicher mehrere Fernseh- und Konzertauftritte, darunter die erste Aufführung der Variationen seines Vaters im Jahr 1962 im Alter von 15 Jahren. 1966 begann er mit der Hammond-Orgel und gründete im folgenden Jahr mit seinem Bruder Thomas die legendäre dänische Rockgruppe The Savage Rose. Die Band tourte von 1967 bis 1974 ausgiebig durch Europa und trat 1969 auch in den USA auf dem Newport Jazz Festival auf. Außerdem nahm sie acht Alben in Studios in London, New York, Los Angeles, Rom und Kopenhagen auf. Koppel verließ die Gruppe 1974, um seine ersten Soloaufnahmen zu machen: Valmuevejen mit dem Sänger Otto Brandenburg und Aftenlandet, ein progressives Instrumentalalbum. 1976 gründete er zusammen mit dem Fagottisten und Klarinettisten Peter Bastian und dem Schlagzeuger Flemming Quist Møller das zukunftsweisende Weltmusik-Trio Bazaar. Die Band spielte 37 Jahre lang bis 2013 zusammen. 

Als vollendetes Werk, das eine Brücke zwischen Klassik und modernem Jazz schlägt, steht Anders Koppels Mulberry Street Symphonyin der Tradition so erfolgreicher Orchesterwerke wie Duke Ellingtons Black, Brown & Beige (1943), Miles Davis-Gil Evans‘ Sketches of Spain (1960), Stan Getz’ Focus (1961) und der Zusammenarbeit von Claus Ogerman und Michael Brecker bei Cityscape (1982). Und wie viele seiner früheren Werke vereint es Koppels Liebe zur symphonischen Musik und zur Jazzimprovisation auf organische Weise. „Ich glaube, das ist meine Sprache, seit ich angefangen habe, Partituren zu schreiben“, sagt er. „Ich denke, dass die musikalische Sprache, die man als Komponist hat, ein Ergebnis des Lebens ist, das man gelebt hat, und der Musik, die man studiert und geliebt hat. Meine Musik enthält Spuren all der Musik, mit der ich mich in meinem recht langen Leben beschäftigt habe – Klassik, Jazz, kubanische Musik, italienische Volkslieder, türkische Musik. Es gibt so viel fantastische Musik, die mich im Laufe meines Lebens beeinflusst hat, und all das ist auch in meinen Kompositionen enthalten. Es ist alles in meiner Sprache vereint, glaube ich.“