Joe Lovano feat. The Marcin Wasilewski Trio – jazzopen Stuttgart 2025
Joe Lovano, sax
Marcin Wasilewski, piano
Sławomir Kurkiewicz, double- bass
Michał Miśkiewicz, drums
Stuttgart, 3.7.2025
Begeistertes Publikum in der Sparda World
Ein sichtlich gut gelaunter und entspannter Joe Lovano betritt die Bühne und mit ihm seine Band, das auch nicht gerade eine bloße Begleitband eines Saxofonisten ist, der vielleicht an seiner Bedeutung, seiner Schaffenszeit und natürlich an seinem Werk gemessen an der Schwelle zum Legendenstatus steht. Lovano tritt auf, spielt ein gefühlvoll, warm schimmerndes Intro auf seinem Saxofon und stimmt uns ein. Auf Jazz. Und das ist neben der Freude der Musiker, zum Tourauftakt der Band hier in Stuttgart bei Jazzopen zu sein, die zweite Botschaft: Es geht – nicht um Schublädchensortierung zu betreiben, eher um eine `grobe` Orientierung vorzunehmen – um einen Jazz, in dem sich die große amerikanische Jazztradition trifft mit einer vorzüglich daherkommenden Spielart eines zunehmend selbstbewusst aufspielenden europäischen Jazz, dem polnischen Trio von Marcin Wasilelewski.
Traumhafter Groove am Golden Horn
Eine ganze Reihe der Stücke, die in der Sparda World auf offene Ohren und ein ziemlich angetanes Publikum stößt, ist Musik, die auf `Homage` dem aktuellen Album (beim Label ECM erschienen) von Lovano und dem Wasilewski Trio zu finden ist. Musik, Kompositionen, Improvisationen, die ineinanderfließen, von einer in die nächste Stimmung übergeht, manchmal auch abrupt enden. Sicherlich einer der, wenn nicht der Höhepunkt überhaupt des Konzerts war eine Art Suite, eingeleitet von fast schepprig – blechernen Gongs, auf denen Joe Lovano mit umgehängtem Saxofon etwas in Gang setzte, das neugierig machte, einen Sog entwickelte, und dann zunehmend in einen tiefen Groove mündete.
Immer schwierig, sich bei der `Konkurrenz zu bedienen`, aber in dieser Phase des Konzerts an Coltrane oder Pharao Sanders zu denken, ist Verbeugung vor diesen großen Meistern. ‘Golden Horn`, der Titel dieses Stückes, erinnert gleichzeitig an den Glanz dieser geschichtsträchtigen Wasserstraße Konstantinopels wie auch an den in der Abendsonne glänzenden Sound von Lovanos Saxofon, der seine Mitspieler einlädt und mitnimmt in diesen eternal Groove, in dem sich Asien, Europa, Afrika, ja vielleicht eben die Welt treffen kann. Sie mögen, so wünschte man, immer weiterspielen, nicht mehr aufhören…
Reise durch die Jazzgeschichte
Tatsächlich geht’s auch noch eine ganze Weile weiter, zwar nicht mehr in diesem magische Ewigkeit verheißenden Rhythmus, eher in einer munteren abwechslungsreichen Abfolge unterschiedlicher Stimmungen und Stile. Da sind sehr freie Passagen, in denen der Freejazz der frühen Jahre den Finger hob (`macht`s euch nicht zu gemütlich…!`), oder Bebop artige Themen, in denen die Klasse dieser Band souverän, spontan und voller Ideen improvisiert, und ob in Duos oder als komplettes Quartett dicht zusammenspielt. Manchmal zieht sich `der Meister` zurück, setzt sich eine Weile, wie um der Musik des für sich auch grandiosen Trios um den polnischen Pianisten Macin Wasilewski zu lauschen.
Joe Lovano selbst wechselt immer wieder hin und her zwischen seinem Tenorsaxofon und der Tárogató, einer ungarischen Klarinette, mit weicherem Holzton. Lovano verkörpert, aber ist tatsächlich auch einer, der die weit über ein halbes Jahrhundert Jazzgeschichte miterlebt aber eben auch mitgeprägt hat. Sein Jazz ist höchst lebendig. Mit dieser Formation hat sich Lovano auf neues Terrain gewagt. Das Trio von Marcin Wasilewski hat sich gern und brillant auf diese Musik eingelassen – und alle vier wurden vom begeisterten Jazzopen – Publikum bejubelt.
Tom Hagenauer
Portraits von Joe Lovano












