Jasper van’t Hof Trio feat. Christof Lauer im Theaterhaus Stuttgart 2025

Jasper van’t Hof (p)
Stefan Lievestro (b)
Jamie Peet (dr)
Christof Lauer (sax)
Stuttgart, Sa. 26. April 2025
Jazz pur, Nerven liegen blank, Peace in the end
Dieses Abschlusskonzert der 35. Theaterhaus – Jazztage beginnt beunruhigend. Obwohl vielleicht zum Festivalende so was wie Harmonie und Feierlaune angebracht gewesen wäre gibt’s keine lyrischen oder blumigen Intros und Wohlfühlklänge. Jasper van’t Hofs Trio, mit dem Saxofonisten Christof Lauer zum Quartett erweitert, stieg anders ein: direkt, rau, pur. Keine technischen und elektronischen Spielereien. Jazz, heftig und ungeschliffen. Skin Under, so heißt das neue Album der Band. Ein bisschen so wie aus den Fünfzigern oder Sechzigern, oder so, wie man sich das so aus der Distanz der Jahrzehnte so vorstellen könnte.

Anklänge aus Bebop, Freejazz-Elementen, und den jeweils nachfolgenden Spielarten eines Modern Jazz. Gespielt aber hier und jetzt: Mit dem mittlerweile 78 – jährigen Jasper van’t Hof, der energiegeladen, flink und akzentuiert wie immer über die Tasten fegen kann, zusammen mit einem kongenialen Christof Lauer, dessen Tenorsaxofon kraftvoll tönt, bisweilen schreit, ja brüllt. Dazu die Rhythmusgruppe mit Stefan Lievestro am Bass und Schlagzeuger Jamie Peet, mindestens ein bis zwei Generationen jünger, die dieses erweiterte Trio mit zusätzlich Energie versieht. Skin Under. So heißt die neue Platte und das aktuelle Programm. Legt die Nerven blank, geht unter die Haut. Jamie Peet bearbeitet bisweilen das Schlagwerk, als sei es an der Zeit, eine Schneise freizuschlagen. Durch welches Dickicht, durch welchen Wahnsinn sich die Band ihren Weg bahnt – das blieb jedem überlassen.

Verbeugung vor Werner Schretzmeier
Mittendrin, in diesem fiebrig – bewegten Konzert sagt Jasper van’t Hof das Stück Association an. Erwähnt den Theaterhaus – Gründer Werner Schretzmeier und Association PC. Die legendäre Jazz- Rock & Free – Band, in der damals vor über 50 Jahren u.a. Jasper van’t Hof und Toto Blanke spielte, und für ziemlich Furore sorgte. Musik die auch heute noch wild und wunderbar klingt. Falls manch eine*r sich beim Konzert von Skin Under im Theaterhaus verwundert die Augen gerieben hat, sich fragte, was dieses ungeschliffene und klassische Jazz Quartett da mit den Pili Pili – Platten aus den 1980ern oder dem Schöpfer fließender, romantischer Balladen zu tun hat, der konnte an diesem Stück Association erleben, dass auch diese Wildheit und Freiheit aber auch seine ureigene Harmonik immer substantiell in van’t Hofs Musik war. Klingt manchmal ein bisschen wie damals, und oft auch ziemlich anders. Ist trotzdem ‘seine’ Musik. „Du kannst nie in deinem Leben außerhalb von dir selbst stehen. Du schleppst Dich immer selber mit.’ **’ philosophiert Jasper, später nach dem Konzert. Noch etwas ist ihm bei diesem Titel wichtig, den er genau mit Bezug auf eine Band aus der Frühzeit seiner Laufbahn geschrieben habe: Diese Band Association PC, das war auch die Band, die 1969 im Club Manufaktur in Schorndorf aufgetreten ist. Organisator damals Werner Schretzmeier, dem Jasper van’t Hof damit an diesem Tag eine ganz besondere Würdigung zukommen lassen wollte.

In der Welt ist die Hölle los
Nach dem ziemlich ungestümen und wilden ersten Teil konnte man irgendwann eine Art Zäsur in diesem Konzert erkennen. ‘The Quiet American’ war eines der Stücke, die eine Art Gegenpol bildeten. Diese nachdenklich, versonnen beginnende Komposition, in der van’t Hof sich mit Graham Greenes Roman über den heraufziehenden Krieg in Vietnam auseinandergesetzt hat, verändert die Stimmung. Markiert eine Schlüsselstelle, die das ‘Wüten’ der Instrumente im ersten Teil des Konzerts erklärt: „Dort draußen, in der Welt, da ist die Hölle los…“, so Jasper van’t Hof in seiner Ansage ziemlich am Schluss. Lädt ein, mit ihm, mit der Band aber vor allem zusammen mit dem Publikum einen Moment innezuhalten. Für ein paar Minuten Frieden. Sagt er. Am Schluss steht ‘Peace’ von Horace Silver, gespielt in einer unpathetischen vielleicht dadurch eindringlichen Version. Das Gegenbild zum Wüten der Welt.

Ein beeindruckendes Finale. Ein bewegendes Konzert.
Text und Fotos Tom Hagenauer
Portraits von Jasper van`t Hof
Interview mit Jasper van’t Hof nach dem Konzert
Unsere Fotogalerie Internationale Theaterhaus Jazztage 2025