Konzerte

Sullivan Fortner Trio im Jazzclub Bix Stuttgart 2025

Sullivan Fortner (p)
Tyrone Allen II (b)
Kayvon Gordon (dr)

Stuttgart, 23.10.2025

„Southern Nights“ im Jazzclub und die emotionale Balance der Individualisten

Bereits zum dritten Mal ist der Grammy Preisträger Sullivan Fortner zu Gast im Stuttgarter Jazzclub Bix. War er nur bisher als Begleitmusiker von Trompeter Roy Hargrove oder dem Gitarristen Peter Bernstein zu sehen, so ist er dieses Mal mit seinem eigenen Trio am Start. Fortner gehört zu den prägendsten Jazzpianisten seiner Generation. Mit seinem feinsinnigen Spiel und großer stilistischer Bandbreite begeistert er Publikum und Kritik gleichermaßen. 2024 wurde sein Trio im DownBeat Critics Poll als »Rising Star Jazz Group« ausgezeichnet. Der aus New Orleans stammende Musiker arbeitete u. a. Wynton Marsalis, John Scofield und Roy Hargrove. Er erhielt renommierte Auszeichnungen wie das Cole Porter Fellowship und das Leonore Annenberg Arts Fellowship und wurde u. a. in der New York Times und The Root porträtiert. Mit Joy, einer jungen Musikerin aus der Bronx, hat er für das von ihm arrangierte „Twinkle Twinkle Little Me“  einen Grammy für die beste Jazzperformance erhalten.

In vielen Traditionen verwurzelt

Im nahezu ausverkauften BIX stehen der junge Bassist Tyron Allen II an seiner Seite. der in der Szene als außergewöhnlicher und innovativer Bassist anerkannt ist und der Drummer Kayvon Gordon aus Detroit. Beide begleiteten schon renommierte Jazzmusiker und prägen die Jazzszene genreübergreifend mit ihrem variablen und breitgefächerten musikalischen Kosmos. Nach einem sanften leicht disharmonischem Beginn, entwickelt sich nach diesem „Warm-Up“ ein wunderbar entspannter und lässiger Sound mit unerwarteten Wendungen, der überraschende Ideen und Zitate mit sich bringt. Von der Populärmusik über die Romantik bis hin zu klassischen Fragmenten taucht alles Mögliche im Spiel des Trios auf. Nicht für jeden auf Anhieb erkenn- oder erhörbar sind die Bruchstücke aus Bizets Carmen über die Fortner eindrucksvoll improvisiert, sie verfremdet und mit anderen Elementen ergänzt. Doch man hört immer wieder wie fest Fortner in der afroamerikanischen Tradition des Jazz verwurzelt ist, er spielt Blues, Soul und typische New-Orleans-Grooves.

Drei Individualisten die perfekt harmonieren

In seinem jüngsten Album „Southern Nights“, sind neben vielen Eigenkompositionen auch Songs von John Coltrane bis Thad Jones vertreten, die einen Großteil des Programms an diesem Abend bestreiten. Das Trio ergänzt  sich trotz der musikalischen Individualität perfekt. Manchmal schwebt Fortners Klavierspiel sanft durch den Raum, untermalt vom zurückhalten Spiel des Bassisten Allen und dem streichelnden Schlagzeugspiel Gordons. Sekunden später schlagen wieder Funken aus Fortners Flügel, Allen und Gordon swingen was das Zeug hält, so das dem staunenden Publikum die Ohren klingeln. Bei dem „Waltz für Monk“ zeigt Fortner sein leichtes stets differenziertes Spiel, das nach vielen Seiten offen ist, immer wieder mit Ausflügen in die Klassik und die Tradition der urwüchsigen Bluesmusik. Manchmal scheint es so, dass seine beiden Mitmusiker kaum zu Wort kommen, aber man merkt, dass diese über genügend Selbstbewußtsein verfügen um ihre Begleitung souverän und eigenständig zu gestalten.

Spitzbübisch, cool  und lustbetont

Gegen Ende des Abends wird der Anfangs wortkarge Fortner doch ein wenig gesprächiger. Er erzählt über die Wurzeln seiner Musik, den Einflüssen denen er unterliegt und er hat dann auch noch manch einen spitzbübischen Spruch über seine Mitmusiker parat, die dies mit einem freundlichen Lächeln quittieren. Sein lustbetontes wendiges Spiel offenbart sich immer wieder von Neuem und nicht selten blicken sich die Drei nach besonders gelungenen Improvisationen lachend an und erfreuen sich an dem Beifall des Publikums. Die emotionale Balance des Trios ist enorm, es ist ein respektvolles Miteinander. Respekt wird auch den Legenden der Jazzmusik zuteil, als man meint ein Fragment von Dave Brubeck, Joao Gilberto oder Keith Jarrett heraus zu hören. Wie vielfältig sein Können ist offenbart Fortner am Schluss des Sets.

Nach dem Stück „Where is love“, dass er zuerst instrumental präsentiert, gibt es im Anschluss die Lyrics dazu quasi als Bonustrack, einhändig am Klavier gespielt und mit sanfter Stimme gesungen. Das Publikum ist an diesem Abend gleichermaßen berührt und begeistert und darf sich wie von Fortner versprochen auf ein nächstes Mal freuen.

Harald Kümmel

Portraits von Sullivan Fortner