MMI free impro festival 2025 im Einstein Kultur München

Tag 3 – So. 4. Mai 2025
Set 1
Jordina Millà (Klavier)
Dieb13 (Elektronik)
Sònia Sànches (Tanz)
Set 2
Vasco Trilla (Percussion)
John Butcher (Tenor- und Sopran-Saxofon)
Set 3
Don Malfon (Bariton- und Alt-Saxofon)
Agusti Fernández (Klavier)
Zlatko Kaucic (Schlagzeug)
München, 4. Mai 2025
Festival für Freie Impro Musik vom 2.-4. Mai 2025
Im Handzettel über dieses Festival steht, dass 16 Musiker-/innen aus 7 Ländern, die noch nie vorher zusammengespielt haben und ohne Probe oder Abstimmung, ohne feste Rollen – nur mit offenen Ohren, scharfen Reaktionen und der Bereitschaft, sich ganz auf das Unbekannte einzulassen, zusammen Musik machen. Wir nehmen also an einem einmaligen Musikereignis teil, das wir so nie wieder hören und sehen werden.

Die beiden Kuratoren Sophie Graber und Alfonso Munoz haben sehr große Musiker der „Freien Improvisation“ eingeladen und spannende Zusammenstellungen, „Bands“ erstellt. Ich habe noch nie eine Tänzerin (Sònia Sànches) erlebt, die gleichzeitig auch noch die Percussion zur Bandmusik macht und dann noch sehr eindringlich zur Gesamtmusik tanzt und mit Ihrer Mimik die momentanen Gefühle, die auf der Bühne herrschen, ausdrückt. Jordina Millà und „Dieb13“ spielten aber auch irgendwie harmonisch dazu. Jordina Millà bearbeitete ihren Flügel mit den verschiedenartigsten Geräten und zupfte die Saiten wie eine Harfe, so dass wir ein wesentlich vielseitigeres Piano erleben konnten, als man es sonst hört. „Dieb13“ (ich habe seinen richtigen Namen nicht herausbekommen) erzeugte mit seinen elektronischen Geräten wunderschöne, aber auch schrille Klänge. Ich fand es stark, wie er aus seiner riesigen Schallplattensammlung, die scheinbar immer richtige Scheibe auswählte und dann damit die richtigen Klänge und Rhythmen erzeugte.

Im Set 2 konnte ich erleben, was man aus einem Schlagzeug noch für Geräusche und Klänge herausholen kann und ebenso aus einem Saxofon. Vasco Trilla (Percussion) spielte seine Instrumente kaum auf die herkömmlichen Art und erzeugte so Klänge, die man auf diesen Instrumenten nicht erwartet. Plötzlich spielte Butcher auf seinem Saxofon nur mit seinen Klappen ein Schlagzeugsolo und Vasco Trilla spielte mit kleinsten Trommeln oder Glocken dazu. Überhaupt fand ich die Klänge, die Vasco Trilla aus seinem Schlagzeug herausholte, wunderschön und ich dachte gar nicht an ein Schlagzeug als ich sie hörte.

Im Set 3 erzeugte der Perkussionist Zlatko Kaucic sogar Melodien und arbeitete als „Streicher“. Diese Melodien passten zu den Geräuschen und Klängen die Agusti Fernandez und Don Malfon, dazu spielten. Don Malfon steckte die verschiedenartigsten Blechdosen in seine Schalltrichter und erzeugte so ebenfalls Klänge, die ich von einem normalen Saxofon noch nicht gehört hatte. Er steckte eigenartige Schläuche an seine Saxofone und verzerrte so seine Instrumente. Ebenso Agusti Fernandez: er war mehr in seinem Flügel, als davor – aber auch was er mit den Tasten an Musik erzeugte, war für mich alles neu und ungewohnt, aber nicht schlecht, es gefiel mir. Ich hatte plötzlich den Eindruck, dass sie gemeinsam einem großen Höhepunkt zustrebten und dass das dann der Schluss sein könnte und ich empfand es auch als richtigen Schluss, aber dann spielten sie auf einmal wieder weiter.
Als Resümee kann ich sagen, dass die erlebten 3 Konzerte für mich sehr interessant waren. Ich habe so ein Improvisationskonzert noch nicht erlebt. Und man hat auch nicht immer die Chance in München so ein hochkarätiges Festival zu erleben.
Ich fand die Aussage der Kuratorin Sophie Graber sehr interessant und überlegenswert: „Wenn wir die Art und Weise, wie wir sozial und politisch interagieren, an die Art und Weise anpassen könnten, wie Improvisator/-innen auf der Bühne interagieren, wäre die Welt von Heute eine andere“ (MMI-Kuratorin Sophie Graber in Jazzthing.de)
Wenn plötzlich tragische Gefühle auf freudige treffen
Aber leider habe ich dann doch den Eindruck mitgenommen, dass ich auf diesem Festival allein gelassen wurde. Ich hätte z.B. gerne über diesen obenstehende Satz diskutiert – es ist doch gerade jetzt das große Problem, dass über Gesetze und Regeln einfach hinweggegangen wird und es keine Abmachungen zwischen den Menschen gibt. Ich würde anregen, dass man die Chance eines solchen Festivals nutzen sollte um die Besucher in kleinen Einführungen an diese doch sehr schwere Musik heranzuführen. Wenn wir uns eine Oper ansehen, können wir uns im Opernführer vorher informieren, trotzdem werden immer öfter, in der Oper vor den Aufführungen, kleine Einweisungen über die gespielten Stücke gegeben – ebenso im Volkstheater und in den Kammerspielen.
Jetzt kann man natürlich sagen, dass der Musiker seine Musik nicht erklären soll/muss. Aber warum versucht man nicht etwas darauf einzugehen, dass es plötzlich keine Regie mehr gibt, und erklärt wie man aufeinander reagiert – wenn plötzlich tragische Gefühle auf freudige treffen – wie fängt man gemeinsam an – wann hört man gemeinsam auf – besteht die Improvisationsmusik nur aus ungewöhnlichen Klängen und Spielweisen – wie mischen die Kuratoren die verschiedenen Musiker zusammen – und vieles mehr. All auf diese Fragen hätte ich nach Antworten gesucht.
Leider habe ich auch die Werke von dem Wiener Künstler Constantin Luser (als Specialguest im Flyer angekündigt) nirgendwo entdeckt. Aber trotzdem war es schön da gewesen zu sein und ich muss viel öfter so eine Art von Musik hören um immer mehr darüber zu lernen. Vielen Dank dafür.
Text und Fotos Wolfgang Hellinger
Hier ein Link zum MMI Festival
