Jo Ambros – Trotz alledem

Jo Ambros – Guitar
Dieter Fischer – Bass
Johann Polzer – Drums
Veröffentlichung 16.6.2025
Instrumentalalbum mit Protestsongs
Ein Gitarrenzauberer wie Jo Ambros hat es nicht nötig mit lauten und jaulenden Gitarrenlicks auf sich aufmerksam zu machen. Mit eher leisen und einfühlsamen Noten bleibt er am Ball oder besser gesagt an den Saiten, wenn es ihm um die kritische Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklung geht. Er ist sicher einer der vielseitigsten Gitarristen der Republik, der nicht umsonst bei Voice of Germany in die Saiten griff oder auch bereits mit Helen Schneider, Max Rabe, Les McCann oder Cat Stevens (Yusuf Islam) zusammenarbeitete, um nur einige zu erwähnen.
„Trotz alledem“ ist nach „Bread & Roses“ (2020) und „How Many Times“ (2022) Ambros‘ drittes Instrumentalalbum mit Protestsongs. Erstmals hat Jo Ambros ausschließlich deutschsprachige Songs ausgewählt – Lieder aus der Zeit des Bauernkriegs und der gescheiterten Märzrevolution von 1848/49, die von der Folk-Bewegung in den 1960er Jahren schon einmal wiederentdeckt worden waren, eingerahmt von Franz-Josef Degenhardts „Zündschnüre-Song“ und dem Kinderlied „Auf einem Baum ein Kuckuck“. Jazz? Eher laid back Folk-Jazz! „Seit dem ersten Album 2020 ist das Trio immer mehr zu einer Working Band geworden“, sagt Ambros, der die Songs konzipiert und dann im Proberaum mit der Band ausbauen und weiterspinnen lässt. Ambros‘ Spiel wird komplementiert von Dieter Fischers Basslinien, die mal fundamental dastehen, mal die Gitarre kontrapunktisch ergänzen, und Johann Polzers nüchtern-vielseitigem Schlagzeug.

Kleine Gedankenexplosionen
„Jo wollte, dass wir die Stücke so gut kennen, dass jeder von uns sie beim Spielen on the fly verändern kann“ sagt Bassist Dieter Fischer. „Wir klingen jetzt freier.“. In der Tat bleibt dem Zuhörer viel Raum für eigene Bilder – die Stücke erdrücken nicht und beflügeln, eigene Phantasien zu entwerfen. Der „Zündschnüre-Song“ zu Beginn des Albums, entzündet selbige und lodert – ohne dass es am Ende zum großen Knall kommen muss. Eher werden durch die Schlichtheit der Scheibe und die Hervorhebung des Wesentlichen kleine Gedankenexplosionen angetriggert. Aus der schlicht gehaltenen Interpretation blinzeln oft überraschend kleine musikalische Leckerbissen hervor, weshalb es nie zu einer „minimalistischen“ Langeweile kommt. Franz Josef Degenhardts Intro-Zündschnüre-Song von 1974 knistert und atmet den Aktionsgeist der Solidarität, eingebettet in Gitarren- Klanggemälde. „Ein Lidlin von den Richstetten (Lied der Raubritter)“ kommt rockig mit Anleihen an Folk und Jazz daher. Hendrix und Montgomery winken zwischen einzelnen Phrasen heraus.
Andere Stücke weisen wieder völlig unterschiedliche Stimmungen auf und bleiben im Thema, entsprechend der ursprünglichen Vorlagen, immer erkennbar. Die Abwandlungen der schlichten Songs verstärken dabei die Botschaft die in ihnen steckt. Diese CD kommt in einem Booklet und Ambros betont: „Sowohl die Texterklärungen von Martin Kaluza zu den Hintergründen der Stücke, als auch die tollen Ideen des Stutgarter Grafikers Marcus Wichmann sind so wichtig, dass wir diese Form der Präsentation gewählt haben“.
1. Zündschnüre-Song 06:02
2. Wir sind des Geyers schwarzer Haufen 03:11
3. Ein lidlin von den richstetten (Lied der Raubritter) 03:09
4. Badisches Wiegenlied 04:10
5. Trotz alledem 07:39
6. Bürgerlied 04:53
7. Auf einem Baum ein Kuckuck 01:40
Resümee: Das halbstündige Werk ist zweifelsohne gelungen und lädt dazu ein, meditativ zu verweilen, da auch Protest und Gesellschaftskritik nicht immer mit lautem Geschrei verbunden sein müssen.
Bernd Epple
Portraits von Jo Ambros
