Wallace Roney Quintet

Wallace Roney, trumpet
Emilio Modeste, tenor sax
Oscar Williams, piano
Paul Cuffari, bass
Malick Koly, drums

Tübingen, 17.11.2019

Ein Jazz-Schwergewicht: Der Trompeter Wallace Roney in der Kelter

Ja, so ist das Tour-Leben: Morgens in Brest im äußersten Zipfel der Bretagne los gefahren, abends in Tübingen auf der Bühne der Kelter. Wallace Roney ist müde, das merkt man, die junge Band aber ist quicklebendig, und obwohl der Meister anfänglich mit seinen Mitspielern nicht immer zufrieden ist, hört man ein vorzügliches Konzert des Wallace Roney Quintets.

Der Tübinger Jazzveranstalter „Jazz im Prinz Karl“ präsentiert in der stimmungsvollen Kelter einen der wichtigsten Protagonisten des Post-Bop. Als einer der wenigen Musiker seiner Generation hat er sein Handwerk direkt von den großen Meistern des Jazz wie u.a. Art Blakey, McCoy Tyner, Sonny Rollins gelernt und perfektioniert. Aber seine wichtigste und bedeutungsvollste Beziehung war die mit Miles Davis, der ihn schon früh förderte und ihn zu seinem Nachfolger auserkoren hatte.

In der fast vollbesetzten Kelter mit ihrem mittelalterlichen Ambiente stellt sich sofort eine wunderschöne Atmosphäre ein, man fühlt sich in einen „richtigen“ Jazzclub versetzt. Mit nach Tübingen bringt der Trompeter Wallace Roney vier großartige Musiker: Emilio Modeste am Tenorsaxophon, Oscar Williams am E-Piano, Paul Cuffari am Bass und Malick Koly am Schlagzeug. Diese vier jungen Musiker brennen ein wahres Feuerwerk ab und spielen lange Passagen alleine. Der 60-jährige Roney geht immer wieder schwerfällig von der Bühne ab und lässt die Band spielen, aus der vor allem der Saxophonist und der Keyboarder hervorstechen. Der Drummer hat aber zu viel Energie und bedient sein Instrument so vehement, dass einige Zuhörer vor der Lautstärke der Drums in den Hintergrund des Raumes fliehen.

Roneys Spiel ist geprägt von Miles Davis; er selbst verleugnet nicht den Einfluss der Jazz-Legende, aber er ist längst aus dem Schatten seines Vorbilds und Ziehvaters getreten. Er hat einen eigenständigen Stil entwickelt, spielt einen zupackenderen, eindringlicheren Ton als Miles Davis, der berühmt ist für seinen weichen, coolen Ton.

Die Band spielt lange, und bevor die Zuhörer eine Zugabe erklatschen können, sagt Roney er sie „real tired“. Verständnisvoll entlassen die zufrieden Zuhörer die Musiker nach fast 120 Minuten Musik, die hauptsächlich aus Roneys Bearbeitung von Songs aus dem Jazzkanon bestehen. Das Stück „Don’t stop me now“ von Sting fällt da etwas heraus, untermauert aber Roneys Zitat: „My goal is to make the best music I can. I enjoy, listen and can play ALL types of music I filter my expression through the jazz experience.“

Helmut Hugo Burkhardt

Unser Konzertbericht: Das Wallace Roney Quintet im Jazzclub Bix Stuttgart im März 2018

Portraits von Emilio Modeste